Die Schnittstellenproblematik im POS-Bereich ist größer geworden

Unser Gastautor Heiko Burrack hat sich für seinen Beitrag in dieser Ausgabe mit einem ausgesprochenen POS-Spezialisten unterhalten. Ansgar Marchel verantwortet beim Schuhhändler Görtz in Hamburg alle Marketingaktivitäten rund um den Point of Sale. Anrufe oder Mails, die er erhält, kommen sowohl von Agenturen, aber auch von zahlreichen anderen Dienstleistern, die für den POS-Bereich tätig sind. Dazu gehören zum Beispiel Druckereien oder auch Hersteller von Displays.

Was fällt ihm bei diesen Kontaktversuchen auf? Ansgar Marchel sagt dazu: "Es gibt eine bemerkenswerte Anzahl von An-rufen, bei der die Person am anderen Ende der Leitung offensichtlich überhaupt keine Ahnung von unserem Unternehmen hat. Einige wissen noch nicht einmal, dass wir mit Schuhen handeln. In solchen Fällen greift man wohl zu den Gelben Seiten und ruft ohne weitere Vorbereitung an. Daraus ergibt sich natürlich, dass die Angebote, die wir von solchen Unternehmen erhalten, meist überhaupt nicht zu uns passen."

Man sollte den USP eines potenziellen Neukunden kennen

"Um ein wenig zu differenzieren, muss ich sagen, dass Agenturen noch am besten vorbereitet sind. Vor allem bei Druckereien kommt das oben erwähnte Nichtwissen häufiger vor. Ich kann verstehen, dass man sich nicht bis ins Detail auf einen potenziellen Neukunden vorbereiten kann und will; die Bedarfssituation ist vollkommen unklar. Aber überhaupt keine Ahnung zu haben, führt bei dem anrufenden Mitarbeiter zu viel Frust. Und auch für Menschen, die solche Telefonate entgegen nehmen müssen, ist dies nicht gerade mit "Vergnügungssteuer" verbunden."

Die Problematik im Schnittstellenbereich wächst

Gerade der POS-Bereich ist von vielen Schnittstellen zu anderen Unternehmensbereichen gekennzeichnet. Zwar gibt es auch Themen, die hier eindeutig zugeordnet sind, aber gerade im Rahmen der Digitalisierung wird dies immer schwieriger. Für Agenturen aber auch für andere Dienstleister ergibt sich hieraus die Frage, mit welchem Ansprechpartner sie am besten Kontakt aufnehmen, wenn sie etwas nicht eindeutig Adressierbares anbieten wollen.

Ansgar Marchel kommentiert: "Ihre Beobachtung, dass im Rahmen der Digitalisierung die Schnittstellenproblematik größer geworden ist, ist sicherlich richtig. So erreichen mich im Moment vermehrt Anfragen, die über Content am POS reden wollen. Bei einem solchen Thema bin ich sicherlich ein Ansprechpartner. Aber ich kann es nicht alleine entscheiden. Ich kann es zwar weiter tragen, aber man kann auch gleich eine Ebene höher ansetzen und zum Beispiel mit dem Abteilungsleiter für das Marketing sprechen."

Die richtige Sprache entscheidet

Außerdem stellt sich noch die Frage, wie man einen Ansatz, der nicht nur einen Gesprächspartner betrifft, am besten formuliert. Dazu Ansgar Marchel: "Wenn man mir ein Angebot unterbreitet, das auch technische Komponenten beinhaltet, so sollte man meine Sprache wählen. Natürlich habe ich auch Ahnung von IT-Themen, aber hier komme ich natürlich schnell an meine Grenzen. Dafür gibt es eben andere Fachleute im Hause. Ruft mich jemand an, so sollte er sich im Wesentlichen über Schwerpunkte unterhalten wollen, die auf den POS abzielen. Wird es zu technisch und drückt man dies auch so aus, steige ich schnell aus dem Gespräch aus. Auch wenn ein solcher Tipp ein wenig banal klingt, lehrt die Realität doch oft das Gegenteil."

Content? Eventuell - aber keinesfalls zum Selbstzweck

Wenn wir schon über Content-Marketing sprechen, so habe ich den Eindruck, dass man dieses Etikett an alle nur denkbaren Themen anheftet, um sie modern und zeitgemäß klingen zu lassen. Welche Meinung hat Ansgar Marchel dazu? Er sagt: "Ich bin auch der Meinung, dass man mit Content-Marketing dem Zeitgeist entsprechen will. Mit mir über 'Inhalte' am POS zu sprechen, wirft die Problematik eines hohen Abstimmungsbedarf in unserem Hause auf; ich habe dies oben schon angedeutet. Fragen sollte man sich als Agentur aber auch, für welche Produkte dies denn überhaupt sinnvoll ist. Es kann sein, dass dies für hochpreisige Schuhe eine gute Idee ist. Für viele Produkte im mittleren oder auch unteren Segment ist mehr Content aber durchaus fraglich. Auch hier kann ich Agenturen und anderen Dienstleistern nur raten, ein wenig mehr Zeit in die Recherche vorab zu investieren."

Gern gesehen - Erfahrungen mit Prozessen größerer Unternehmen

Nachdem wir nun einige Aspekte beleuchtet haben, die man verbessern kann, kommen wir jetzt zu solchen, die meinem Gesprächspartner positiv aufgefallen sind. Was erwartet Ansgar Marchel hier zum Beispiel von Agenturen? "Da wir ein Handelshaus sind, finde ich es natürlich gut, wenn man hier schon Erfahrungen gesammelt hat. Da wir noch spezieller mit Schuhen handeln, ist es natürlich prima, wenn eine Agentur schon im Bereich Mode tätig war. Viel zu selten betonen Agenturen auch ihre Erfahrungen, wenn es um Kenntnisse von Strukturen und Prozessen bei größeren Unternehmen geht. Es gibt mir Sicherheit, wenn Agenturen mir sagen, wie viel Zeit sie für die diversen Abstimmungsschritte benötigen. Dies gilt ebenso für die Prozesse, bei denen die Agentur mit anderen Dienstleistern zusammen arbeiten wird. Ich könnte keine Agentur engagieren, die sich hier noch nicht erfolgreich bewiesen hat. Berichtet sie mir von diesen Kenntnissen aber schon im Voraus, gibt mir dies mehr Sicherheit."

Ansgar Marchel hat mir auch davon erzählt, dass er ab und zu selbst Agenturen besucht. Mich hat natürlich interessiert, warum dies für ihn so wichtig ist. "Keine Agentur wird die Arbeitsergebnisse zu einer Kundenpräsentation physisch mitbringen können. Man bekommt sie natürlich nur als Präsentation zu sehen. Da der POS aber den fast schon einmaligen Vorteil von dreidimensionalen Arbeitsergebnissen bietet, hat man die besten Chancen, diese bei einem Besuch bei einer Agentur oder bei einer Druckerei wirklich zu sehen. Man bekommt auch ein besseres Gefühl für die Atmosphäre in deren Räumlichkeiten. Mich interessiert daher bei einem solchen Besuch primär nicht die Zeit in einem Konferenzraum. Viel wichtiger finde ich es, die Mitarbeiter bei der Arbeit zu sehen. Gerade wenn es um Themen wie Schaufenstergestaltung geht, kann man sich dort auch die einzelnen Etappen anschauen, in denen ein solches Projekt entsteht."