INSTAGRAM-READY RETAIL

Social Media haben die Fashionbranche revolutioniert. Allen voran Instagram. Die 2010 lancierte Plattform veränderte mit ihren kuratierten, ästhetischen Momentaufnahmen binnen kürzester Zeit, wie Mode inszeniert, konsumiert und vermarktet wird. Weil Mode nun mal ein visuelles Thema ist. Tatsächlich ist die Foto-App inzwischen im Marketingportfolio eines jeden großen Fashionlabels angekommen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil sich dort all jene jungen Konsumenten tummeln, die über traditionelle Wege kaum noch erreichbar sind. Damit wird Instagram auch für den stationären Handel zunehmend zum Erfolgsfaktor.

Lange Zeit bestand die Fashionbranche aus einem kleinen, in sich geschlossenen Kreis. Der Zugang war ein Privileg, den die Modelabels einem von Hand ver-lesenen Publikum aus Fachredakteuren und Celebrities vorbehielten. Vor allem die Hochglanz-Mode-magazine galten als Souveräne über alles, was en vogue ist oder werden würde - bis zur digitalen Revolution, die zu Beginn dieses Jahrhunderts die Blogger hervorbrachte. Anfangs noch belächelt, wurden sie schnell zu einer neuen, mächtigen Stimme. Und mit ihnen wurde der Rummel um die Vernetzung via soziale Medien in Gang gesetzt und Klickzahlen wurden zum Grad-messer von Erfolg, Beliebtheit und Einfluss. "Inzwischen sind Trends nur noch einen Klick vom Hier und Jetzt entfernt, denn die Resonanz, die ein einziges Bild auszulösen vermag, ist enorm", erläutert Christoph Stelzer, Geschäftsführer und Mitbegründer von DFROST. Instagram ermöglicht exklusive Blicke hinter die Kulissen der sonst so elitären Fashion-Branche und liefert Eindrücke aus allererster Hand.

Access all Areas. Damit haben Social Media die Mode demokratisiert. Und sie bieten neben Information und Inspiration vor allem die Möglichkeit zur sozialen Interaktion - mit Menschen aus dem echten Leben. Weil Blogger der Social Media Plattform keine unnahbaren Celebrities sind, denen man zwar ständig in irgendwelchen Magazinen begegnet, von denen man aber kaum etwas weiß. Akteure auf Instagram sind wie vertraute Freunde, deren Leben man anhand der schönen, quadratischen Fotos, die sie posten, folgt. Dort erzählen sie, was sie gerade tun, lassen sich begleiten - auf Reisen, ins Restaurant zum Date und vor allem: beim Shoppen.Vom Wunsch nach inszenierter RealitätMode muss damit heute vor allem eines: erlebbar sein. Damit lebt sie - genau wie Instagram - von der Inszenierung, denn auch die Nutzer der Bilder-App wollen sich inspirieren lassen und quer durch kuratierte Momentaufnahmen auf Ent-deckungsreise gehen. Schließlich postet auf Instagram niemand langweilige Bilder und beschwert sich anschließend, dass beispielsweise der Lunch nicht fototauglich war. Ganz im Gegenteil - auf der Fotoplattform ist Perfektion gefragt. Dadurch hat Instagram mit seinem quadratischen Bildformat und seinem visuellen Inhaltsdiktat einen ästhetischen Anspruch formuliert, der inzwischen auch in der Realität als gängige Norm eingefordert wird.

"So steht mittlerweile auch der stationäre Handel immer mehr vor der Herausforderung, Lifestyle-Welten zu schaffen, die dem hohen Anspruch an Ästhetik und Design gerecht werden. Es geht um Sehnsüchte und Wunsch-szenarien. Schließlich spielen gerade im Store als emotionalisierter Umgebung visuelle Trends eine entscheidende Rolle. Der Kunde stellt aber nicht nur hohe Anforderungen an die Qualität, sondern auch an die Frequenz optischer Eindrücke. So führt die Schnelllebigkeit der sozialen Medien auch zu einer Beschleunigung der Inszenierungen im Store und im Fenster. Diese Erwartungshaltung der Kunden an schnelle Wechsel und immer neue Bilder müssen Store Design und Visual Merchandising heute bedienen", erläutert Nadine Frommer, ebenfalls Geschäftsführerin und Mitbegründerin von DFROST. Die Kunst ist also zu erkennen, was die Aufmerksamkeit der Zielgruppe weckt, was ihre derzeitigen Wünsche, Träume und Bedürfnisse sind.

"Die alte, immerwährende Geschichte also", sagt Christoph Stelzer. Wenn man das herausgefunden hat, sind Instagram-Momente lenkbar. Mit Brand Content, um die richtigen Inhalte zu kreieren und mit dem entsprechenden Social Media Store-Dekor.Spielräume und Bühnen schaffenKonkrete Umsetzungsmöglichkeiten gibt es genug. Allerdings folgen sie neuen Paradigmen. So hatte früher der Platz für Ware oberste Priorität. Heute dagegen geht es darum, den Store als Bühne für den Menschen zu gestalten. Deshalb muss sich vor allem die Gewichtung der Retail-fläche verändern. Also weg vom reinen Abverkaufs- hin zum Imagedenken.

"Für Aufenthaltsqualität bedarf es an Offenheit, Freiflächen und Spielräumen. Die zudem als Bühne dienen, auf der sich Konsumenten (digital) austoben können und dürfen - damit der Selfie-Lifestyle gelebt werden kann. Dieser Weg zum mittlerweile sehr erfolgreichen Showroom-Look bedingt jedoch, dass sich der Warendruck verringert", so die Überzeugung der Retail-Spezialisten. Ein weiterer Ansatz ist die Neugestaltung der Umkleiden. Lieber weniger, dafür große und liebevoll gestaltete Wohlfühlräume sollten es sein. Schließlich ist die Umkleide der beliebteste Ort, um mit der Ware zu experimentieren, um sie zu individuellen Looks zusammenzustellen und mit der Community zu teilen. Nicht zuletzt kommt hier auch das Alleinstellungsmerkmal des stationären Handels gegenüber Online-Shops zum Tragen, sprich die Möglichkeit, dass der Kunde alles anfassen und ausprobieren kann. Eine der größten Herausforderungen ist dabei die Beleuchtung. Denn nicht immer bedeutet Wohlfühllicht, dass dieses auch auf Fotos gut rüberkommt.

"Maßgeblich sind dabei die richtige Planung und Konzentration, so dass am Ende schwere Schatten vermieden werden", erklärt Christoph Stelzer.Über das Kuratieren von MarkenerlebnissenFindige Storebetreiber wissen längst, dass man Instagram-Momente mittels des richtigen Brand Contents durchaus lenken kann. Im Idealfall entstehen regelrechte Instagram-Paradiese mit gehypten Motiven wie ausgefallenen Wanddekorationen, kunstvollen Installationen und ausgewählten Accessoires. Farblich sortierte Kleiderstangen, Spiegelflächen, schicke Außenfassaden und Schaufenster sind neben coolen Kunstobjekten und zeitgeistigen Loungemöbeln ebenfalls beliebte Foto-Requisiten. Gut gemacht, ist das Resultat nicht einfach nur ein nichtssagendes Selfie, sondern ein Bild, das zahlreiche Informationen zu Store, Marke und Produkten liefert. Aus Hashtag sowie Ortsangaben und Bildunterschriften lässt sich weiteres wertvolles Hintergrundwissen ziehen. Im Gegensatz zu gezielten und zumeist teuer bezahlten Kooperationen mit Influencern sind diese Fotos authentische Zugeständnisse an die Marke, die auch als solche wahrgenommen werden. Am Ende geht es darum, den Store zur Must-visit Location zu machen. Kunden müssen ermutigt werden, in individuelle Lifestyle-Szenarien mit unverwechselbarer Ästhetik einzutauchen. Shopping wird so zum immersiven Erlebnis. (Handlungs-)Räume für KundenbedürfnisseWas dahinter steckt, ist ein Lifestyle-Aspekt, der Digital Natives offline abholt, um sie dann wieder online stattfinden zu lassen. Vor diesem Hintergrund sollten Storebetreiber ihre gestalterischen Möglichkeiten nutzen, um ein spielerisches und unerwartetes Erlebnis zu schaffen, das Shopper teilen wollen. Visual Merchandising im digitalen Zeitalter bedeutet für den stationären Handel, kreativer und schneller zu sein, fordert ihn aber auch heraus, auf visuelle Trends zu reagieren. Der Lohn ist schnelleres Feedback und neue Marketingmöglichkeiten.

"Als Agentur für Retail Identity wollen wir unseren Kunden die Angst vor diesen neuen Entwicklungen nehmen. Es geht nicht um Perfektion, aber man muss im stationären Retail die kulturellen Strömungen und aufkommenden Anliegen und Sehnsüchte aufgreifen, sonst verliert man irgendwann den Anschluss an seine Zielgruppe", so der Appell von DFROST. Die aktuellen Entwicklungen im stationären Handel sind eine Herausforderung, aber auch eine riesige Chance. In jedem Fall verlangen sie nach einer intensiven Auseinandersetzung mit den Kunden. Oberste Maxime bleibt jedoch, dass die Gestaltung eines Stores die Marke in allen Facetten widerspiegelt und optimal in Szene setzt, Digitalisierung inbegriffen. Dabei kommt es aber nicht darauf an, Räume für Social Media zu designen. "Am Ende geht es ausschließlich darum, Räume für die Entfaltung von Kundenbedürfnissen zu kreieren", erläutert Christoph Stelzer seine Überzeugung.

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