Dass das Absatzmarketing klassischer Herkunft sich im Umbau befindet, dürfte heute selbst Endverbrauchern, die mit B2B-Prozessen nicht vertraut sind, bereits aufgefallen sein. Mit den drastischen Veränderungen, die der digitale Wandel mit sich bringt, werden ganze Branchen aufgerollt und Vertriebswege sowie manchmal auch die gesamte Supply Chain neu gedacht. Wichtige Parameter dabei sind: Mehr Transparenz, Ressourcenschonung, Kostenkontrolle und Effizienz.

Um ihre zu Ziele erreichen, setzen Händler wie Marken vermehrt auf die Unterstützung digitaler Technologie, unter Einbeziehung einer seriösen und fundierten Prognose über die zukünftige Entwicklung des eigenen Geschäfts- und Wettbewerbsumfeldes. „POS kompakt“ hat mit Mirko Holzer, CEO von BrandMaker, gesprochen, die für Thalia aktuell ein plattformbasiertes Marketing- und Medienmanagementsystem aufgesetzt haben, mit dem der Omnichannel-Buchhändler für seine rund 350 Buchhandlungen mehrere hundert Kampagnen pro Jahr steuert.

POS-kompakt: Herr Holzer, können Sie uns eine kurze Zusammenfassung über die Anfänge von BrandMaker geben? Seit wann und mit welcher Expertise ist BrandMaker im Markt aktiv und wie kam es dann zur Zusammenarbeit mit Thalia?

Mirko Holzer: „Eigentlich reichen die Anfänge von BrandMaker über 20 Jahre zurück, als ich noch während meines Studiums in die Entwicklung von Marketingsoftware und -technologie eingestiegen bin und erste unternehmerische Schritte in einem absoluten Innovationsfeld – der Entwicklung von Individualsoftware in den Bereichen Digital Asset Management, Web-to-Publish und Marketing Resource Management – unternommen habe. Die damals entstandenen Lösungen sind später auch in die BrandMaker Plattform eingeflossen. Sie kamen schwerpunktmäßig erstmals bei der Individualisierung von Online-Werbung in der Automobilindustrie zum Einsatz. 2008 habe ich dann gemeinsam mit einem Geschäftspartner BrandMaker gegründet, und seitdem treiben wir fokussiert Software-Lösungen für die Digitalisierung und Automatisierung der Marketingprozesse in Unternehmen voran. Die Zusammenarbeit mit Thalia entstand, wie so häufig, aus der Notwendigkeit heraus, insbesondere Planungsprozesse im Marketing zu optimieren und effizienter zu gestalten. Thalia setzt für die zentrale Steuerung der Marketingaktionen in Deutschland und Österreich einen Kampagnenplaner ein, um die Buchhandlungen regelmäßig über die für sie relevanten Aktionen zu informieren und ihnen die benötigten Marketingmaterialien und Planogramme zur Verfügung zu stellen. Früher wurden diese Kalender mit Office Tools wie Excel erstellt, gedruckt und monatlich an die Läden verschickt, was einen erheblichen manuellen Aufwand und somit hohe Kosten bedeutete. Der Prozess war darüber hinaus fehleranfällig. Um den Marketingplanungsprozess in einem einzigen System zu zentralisieren, Transparenz über die Marketingaktivitäten im gesamten Unternehmen zu schaffen und die Qualität der Aktionsumsetzung zu sichern, entschied sich Thalia 2018 für die Einführung einer BrandMaker Lösung.“

Die ersten softwarebasierten Lösungen für die Kampagnensteuerung des Marketings tauchten auf der größten Fachmesse für Retailer, der EuroShop in Düsseldorf,  bereits vor knapp zehn Jahren auf. Der Grundgedanke ist also nicht ganz neu. Was zeichnet die Lösungsansätze von Brandmaker dabei besonders aus und wodurch unterscheiden sie sich vom übrigen Wettbewerbsumfeld?

Mirko Holzer: „Unsere Lösungen hatten und haben seit Anbeginn eine dedizierte Marketing-DNA. Sie sind kein Appendix einer ERP-Lösung o.ä., sondern haben konsequent die ganzheitliche 360-Grad-Optimierung der internen Marketingprozesse im Blick: von der Finanzplanung und dem Budgetmanagement über die Kampagnenplanung und -durchführung, die Contenterstellung und -distribution, Brand Management und -Lokalisierung bis zu Performance-Messung und -Optimierung. Alles zentral aus einer Plattform heraus. Und alles datenbasiert integriert. Ich betone das deshalb, weil nur so alle Beteiligten vom CMO über das Marketingteam bis zu weiteren Stakeholdern im Unternehmen wie CEO und CFO jederzeit in Echtzeit maximale Transparenz über die Marketingaktivitäten und deren Performance in Bezug auf die Kosten und den ROI haben können. Diese Transparenz ist die unverzichtbare Basis dafür, dass das Marketing erfolgreich, d.h. schnell, koordiniert, effizient und strategiekonform auf kurzfristige Marktänderungen, wie wir sie gerade mit Corona erlebt haben, reagieren kann. Hinzu kommt die Automatisierung von Workflows zur Beschleunigung gerade von langwierigen und aufwändigen Routineaufgaben und -prozessen, wie bspw. von Freigaben, und zur Reduzierung von deren Fehleranfälligkeit. Last but not least ist die datenbasierte Verknüpfung von Budgetplanung und Performancekontrolle sowie die Zuordnung von Budget- und Performance-Daten zu Kampagnen eine ganz entscheidende Stärke unserer Lösung. Das ist nämlich viel schwieriger und komplexer, als man vermuten würde. Man muss sich nur überlegen, wie viele digitale Mediaplattformen man heute bespielen muss, um die Wunschzielgruppe zu erreichen. Und man lässt vielleicht auch multiple Kampagnen laufen. Da hat man schnell ein gewaltiges Zuordnungsproblem. Silolösungen sind hier Sackgassen.“

Mehr Transparenz, Ressourcenschonung, Kostenkontrolle und Effizienz sind oft genannte Faktoren, die von plattformbasierten Lösungen gefordert werden. Welche Schlüsselfaktoren hat BrandMaker für das plattformbasierte Marketing- und Medienmanagementsystem von Thalia identifiziert und umgesetzt?

Mirko Holzer: „Thalia wickelt derzeit nur die Kampagnenplanung am POS über BrandMaker ab. In den nächsten Schritten ist in Prüfung, das Reporting Center zu nutzen und neben der Steuerung des Aktionskalenders auch die Budgetplanung über die BrandMaker Plattform abzuwickeln. Aber das Thema Transparenz, wir sprechen hier gerne von „One single source of truth“, mit allen Informationen und Assets ist sicherlich ein zentraler Punkt für eine schnellere und effektivere Umsetzung von Marketingmaßnahmen vor Ort und im Sinne einer einheitlichen Customer Experience, gerade bei Multichannel-Playern. Das Bedürfnis nach Agilität, schneller Optimierung und Transparenz hat dazu geführt, dass viele Marketingabteilungen versucht haben, einzelne Prozesse für die Erstellung von Content, das Workflow-Management oder die Zusammenarbeit durch Automatisierung zu optimieren. Aber keines dieser Probleme kann durch die Beschleunigung dieses einen Prozesses gelöst werden. Auch generische Punktlösungen bieten immer noch keine ganzheitliche marketingzentrierte Lösung. Insbesondere das Zusammenführen von Daten und Prozessen wird häufig vernachlässigt. Das Ergebnis sind isolierte Insellösungen, die nicht miteinander integriert sind. Gerade bei den internen Prozessen, bei Freigaben und bei der Zusammenarbeit, müssen häufig Daten noch per Excel zusammengeführt und per E-Mail verschickt werden. Integrierte Lösungen sind also ganz klar ein Schlüsselfaktor für erfolgreiche operative Marketingprozesse. 

Oftmals hält sich bei durchgreifenden Veränderungen in den Arbeitsprozessen die Begeisterung der Mitarbeiter eher in Grenzen. Gibt es von Thalia bereits ein Feedback zur Akzeptanz des BrandMaker Marketing Planner seitens der Mitarbeiter?

Mirko Holzer: „Das Feedback ist extrem positiv. Die digitale Kampagnenplanungs- und -steuerungslösung wird sehr gut aufgenommen und rege genutzt. Insbesondere die Arbeitserleichterung in den Buchhandlungen und die damit verbundenen Einsparungen von Ressourcen und Kosten für Thalia überzeugen. Was von Thalia immer wieder betont wird, ist, dass die Effizienz und Transparenz der Kampagnen- und Aktionsplanung über alle Buchhandlungen hinweg mit dem digitalen Kampagnenplanungstool erheblich verbessert wurde.“

Stichwort „Künstliche Intelligenz“: Bietet gerade das Projekt für den Buchhändler Thalia nicht die idealen Voraussetzungen, um über die Implementierung von KI nachzudenken? Gerade wenn man vor dem Hintergrund sich schnell verändernder Marktbedingungen auch interne operative Prozesse anpassen muss?

Mirko Holzer: „Ich bin davon überzeugt, dass die nächste Stufe der Prozessautomatisierung Machine Learning sein wird. Das wird aber ein sukzessiver Prozess sein, der noch viel Erfahrung und vor allem Plausibilisierung erfordert: Solange ein Algorithmus seine Entscheidungsfindung noch nicht begründen kann, werden mit gesundem Menschenverstand ausgestattete Marketingentscheider den machine-learning-basierten Automatisierungsgrad nur so weit vorantreiben, wie es für sie plausibel ist – also nur für kleinere Budgets und weniger wichtige Entscheidungen. Größere Entscheidungen wird man aber sicher nicht einem Algorithmus überlassen. Das naheliegendste Einsatzgebiet wird sein, einfache Entscheidungen zu automatisieren. Hier experimentieren wir schon mit einigen größeren Kunden. Der erste Schritt wird ein „Helferlein“-Ansatz sein, wo das System beispielsweise während der Budgetplanung auf potenzielle Fehlerquellen hinweist. Oder virtuelle Marketingassistenten könnten Alternativen empfehlen, wie eine optimale Kampagnengestaltung aussehen könnte und welche Auswirkungen entstehen. Dadurch wird langsam das Vertrauen in die Technologie steigen. Wenn sich dann noch die Erklärbarkeit der algorithmischen Entscheidungen verbessern lässt, kann die Automatisierung der Prozesse in bestimmten Bereichen ernsthaft beginnen. Aber, es wird noch dauern, bis der Schalter auf Autopilot umgelegt wird. 

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