Positive Schlagzeilen aus Dresden

Über 160 Teilnehmer, 12 Fachvorträge, eine lange Nacht des Netzwerks, reichlich Kompetenz und junge Köpfe für die Zukunft: Die Dresdner Verpackungstagung geizte auch 2016 nicht mit ihren Reizen. Die Themen reichten dabei von Origami für die Industrie über 3D-Bilderkennung, Hightech und Nachhaltigkeit bei Materialien, der Revolution im Retail, 3D-Druck und temperaturgeführtem Online-Versand bis hin zu Design4Recycling.

Nach den Rekordzahlen des Vorjahres konnte die Dresdner Verpackungstagung erneut mit einer starken Präsenz der Branche glänzen. "Der Saal ist bis auf den letzten Platz gefüllt und wir konnten erneut rund 30 Studierenden verpackungsrelevanter Studiengänge den nahezu kostenfreien Zugang zur Tagung ermöglichen", freut sich die Geschäftsführerin des veranstaltenden Deutschen Verpackungsinstitut (dvi), Kim Cheng. "Mit der Einbindung des Nachwuchses können wir den Studierenden einen frühzeitigen Einstieg in das Branchennetzwerk bieten. Gleichzeitig ermöglichen wir es unseren professionellen Teilnehmern, frühzeitig Kontakt zu interessanten Nachwuchskräften aufzunehmen."Auch Chengs geschäftsführender Kollege in der dvi-Doppelspitze, Winfried Batzke, zeigte sich mit dem Ergebnis der von ihm moderierten Tagung zufrieden. "Es gab viele spannende Informationen, wir hatten exklusive Einblicke, neue Erkenntnisse und reichlich Anlässe für gute Diskussionen im Netzwerk. Vielen Dank dafür auch an unsere Sponsoren Schubert, DSD, Metsä und Korozo."

Origami für die Industrie

Gleich zu Beginn der Tagung bot Kristina Wißling, Geschäftsführerin von "Origami für die Industrie", den Teilnehmern Einblicke in Geschichte, Technik und Potentiale einer Jahrhunderte alten Technik, die erst in den 50er Jahren von Mathematikern wiederentdeckt und weiter entwickelt wurde. Origami, die Kunst des Gestaltens über das Falten, findet mittlerweile industrielle Anwendung von der Raumfahrt bis zur Verpackung. Ein großer Vorteil der mathematischen Kunst ist laut Wißling, dass mit Origami Materialkosten und Zeit bei bereits existierenden oder neu entwickelten Produkten eingespart werden können.

NachhaltigerFaltschachtelkarton

Ari Kiviranta, Senior Vice President Production & Technology der Metsä Board Corporation, gab einen Überblick über die Entwicklungen und Forschungsarbeiten der Metsä Group im Bereich Investitionen und Nachhaltigkeit. So verringerte sich der Materialaufwand für leichtgewichtiger Karton zwischen 1980 und 2010 von 315 auf 275 g/m3. In den Jahren zwischen 2009 und 2015 konnten die CO2 Emission pro Tonne des Produkts um 42 Prozent gesenkt werden, der Prozesswasserverbraucht um 16 Prozent und der Energieverbrauch um 10 Prozent. 60 Prozent der benötigten Energie stammen inzwischen aus Bioquellen. Mit der neuen "modernsten Faltschachtelkartonmaschine Europas", einer neuen Extrusionsbeschichtungsanlage in Husum und dem "weltweiten ersten Bioproduktewerk der nächsten Generation" in Äänekoski, sieht sich Metsä gut gerüstet für die Zukunft. Bei dem Biomasse-Konzept wird laut Kiviranta jeder Teil eines Baumes optimal verwertet, was die vollständige Nutzung aller Nebenprodukte einschließt. Kein schlechtes Argument, bedenkt man, dass "das Holz, das für eine Tonne Karton benötigt wird, in Finnland in weniger als einer Sekunde nachwächst".

Hightech und Nachhaltigkeit bei Folien

Ediz Türkmen, Geschäftsführer der Korozo GmbH, warb in der Folge für die Hightech-Folien seines Unternehmens und den Industriestandort Türkei. Der Verband schätzt den Output der türkischen Kunststoffverarbeitung für 2016 auf 9 Mio. Tonnen, wobei der Verpackungssektor mit 3,4 Mio. Tonnen den Großteil abnimmt. Aktuell ist die Türkei damit europäisch die Nummer zwei der Kunststoffverarbeitung hinter Deutschland. Im Bereich der Hightech-Folien könne Korozo als einziges Unternehmen sowohl Siegelfolie als auch Duplex und Triplex-Verbunde selbst herstellen und darüber Nachverfolgbarkeit, Nachhaltigkeit und Qualität der Deckelfolie gewährleisten. Das Marktpotential speziell der Kapseln sieht Türkmen noch lange nicht ausgereizt.

Nachhaltige Verpackungslösungen aus Sicht eines Folienherstellers thematisierte Dirk Stolte, Leiter Forschung und Entwicklung der prepacgroup. Über eine Reihe von konkreten Zahlen zeigte Stolte, wie gering der Einsatz von Mineralöl und der entstehende CO2-Ausstoß einer Verpackung im Vergleich zum verpackten Gut sind. Als Smart Point einer Verpackung sieht Stolte die Materialeinsatz-Effizienz, die Reduktion der Dicke, die Anpassung des Formats und den abgewogenen Einsatz von Biokunststoffen. Auch bei der prepacgroup konnte man die Menge des eingesetzten Materials in den vergangenen Jahren deutlich senken. Zum Abschluss warf Stolte einen differenzierten Blick auf das Thema Biokunststoffe. Sein Fazit: "Es ist ein zunehmender Trend zu beobachten, dass der Fokus stärker auf nachwachsende Rohstoffe als auf die Kompostierbarkeit gelegt wird."

Differenzierung und Digitalisierung

Über die InlineCan als neue Möglichkeit zur Differenzierung berichtete Martin Hammer, Business Development Manager der Optima consumer GmbH. Als gradwandige Verpackungslösungen für direkt In-house und Inline eigne sich die InlineCan laut Hammer für eine Vielfalt von Produkten von Nüssen über Schrauben, Pulver, Bohnen und Mehl bis hin zu Tampons. Besonders ins Auge fielen die logistischen Vorteilen, da sich bei Transport und Lagerung die Aufwände um rund 90 Prozent senken lassen.

Die Herausforderungen der Digitalisierung, ihre Auswirkungen auf Getränkeverpackungsmaschinen und die Möglichkeiten neuer Geschäftsmodelle standen im Zentrum des Vortrags von Andreas Gschrey, Projektmanager Digitalisierung im Bereich Corporate Research and Development der Krones AG. Neue Geschäftsmodelle ergäben sich vor allem durch den Bereich Software. Digitalisierung vereinfache die Sicht des Endanwenders, führe aber beim Hersteller zu komplexeren Maschinen. Die Zeit der grundlegenden Musterlösungen und statischen Vorlagen sei vorbei. Individualisierung und Dynamik erforderten ein interdisziplinäres Arbeiten, das die einzelnen Puzzle-Teile der Digitalisierung - wie IT-Abteilung, Forschung Entwicklung, Produktion und Services - verbinden müsse.

Design4Recycling

Christina Schulz, Projektmanagement Nachhaltigkeit bei Der Grüne Punkt - Duales System Deutschland GmbH, gab in ihrem Vortrag spannende Einblicke und praktische Tipps hinsichtlich der Herausforderungen einer recyclinggerechten Verpackungsgestaltung. Mit dem Konzept Design4Recycling wird schon am Anfang einer Verpackung der Schlüssel für die optimale Verwertung in einem "Closed Loop" gelegt, damit aus einer Verpackung nach dem Recycling wieder eine Verpackung werden kann. Eine recyclinggerechte Verpackung schafft laut Schulz deutliche Vorteile, da sie den Sortier- und Verwertungsprozess unterstützt, zu hochwertigem Premium-Rezyklat verarbeitet werden kann, die Umwelt schont und den Weg zu einer modernen Kreislaufwirtschaft unterstützt. Zum Ende ihres Vortrages informierte Christina Schulz über die Neuerungen im aktuellen Entwurf des VerpackG gegenüber der VerpackV. Ein wichtiger Punkt: "Für die Verwendung von recyclingfähigen Materialien sowie Rezyklaten und nachwachsenden Rohstoffen sollen Anreize geschaffen werden die sich in den Beteiligungsentgelten niederschlagen."

The Retailrevolution

Von der Idee bis ins Regal. Ein Prozess im Wandel der Zeit definiert sich neu. Unter diesem Titel gab Bernhard Peter Stradner, Geschäftsführer von Schwank Goslar, einen verpackungsrelevanten Einblick in Trends und Entwicklungen rund um den POS im digitalen Zeitalter. "Nullen und Einsen brachten uns das Netz. Dann folgte die mobile Revolution. Gerade verändert sich der Einzelhandel und es wäre naiv zu glauben, dass unsere liebe Verpackung verschont bleibt." Die Verpackung habe 100% Kundenkontakt und bringe einen überzeugenden Return on Invest. Laut Stradner lagen die Kosten pro Konsumenten-Klick im Onlinebereich 2015 bei durchschnittlich 1,56 Dollar. Mit der Verpackung könne man Kunden zu Null-Kosten erreichen, wenn man z.B. QR-Codes verwende. Produkte ließen sich zudem mit Diensten verbinden und die mögliche Personalisierung bringe Mehrwert für Kunden und Marke. Insgesamt seien Kundenkontakt und -bindung viel einfacher und effizienter. Am Ende eines informativen Vortrags mit Bildern, Beispielen und vielen Zahlen zu aktuellen Trends zieht Stradner ein klares Fazit auch für den Handel: "Vernetzte Lösungen sind die große Chance für POS und Retailer. Content vernetzen und vernetzten Content in die Läden bringen für ein individualisiertes Kauferlebnis. Das ist die Zukunft des Einzelhandels."

Digital- und 3D-Druck

Um die Möglichkeiten und Grenzen des Digitaldrucks in der Verpackungsherstellung ging es im Vortrag von Prof. Dr. Ing. Eugen Herzau, Leiter des Studiengangs Druck- und Verpackungstechnik an der HTWK Leipzig. Herzau zeigt den Digitaldruckmarkt als extrem vielschichtig und verglich etablierte Systeme mit aktuellen Prototypen. Neben der großen Vielfalt an Tintenstrahldrucksystemen existierten derzeit ausgeprägte Sonderlösungen. Potentiale sieht Herzau beim integrierten Marketing vom Banner bis zum Produkt. Über Transportverpackungen aus dem 3D-Drucker berichtete Jörg Loges, stellvertretender Institutsleiter des Instituts für Verpackungstechnik (IfV). Im Fokus standen additiv gefertigte Transportverpackungen aus nachhaltigen Rohstoffen. "Wenn Produkte immer weiter individualisiert werden, müssen dafür dann auch die entsprechenden Verpackungen produziert werden", so Loges.

PIM und temperatur-geführter Online-Versand

Unter diesem Titel "Produktinformationsmanagement und Shopsystem - Herz und Kreislauf für eine gesunde Multichannel-Strategie", gab Jens Müller, Leiter Marketing & E-Business der ratioform Verpackungen GmbH, detaillierte Einblicke in die Praxiserfahrungen bei der erfolgreichen Etablierung eines PIM-Systems im B2B-Versandhandel. Vom Status Quo beim Start über Learnings aus 20 Monaten Projektlaufzeit inklusive Evaluierungsphase bis hin zur Anbindung des Webshops und der ersten Katalogproduktion - die Teilnehmer der Tagung erhielten exklusive Einblicke. Auf die Frage, ob Verpackungsherstellern über eigene B2B-Onlineshops zur Konkurrenz für den etablierten Großhandel werden könnten, zeigte sich Müller als Vollsortimenter wenig besorgt. Eine mehrfach ausgezeichnete Innovation beim temperaturgeführten Versand im Onlinehandel präsentierte Stefan Lerchner, Leiter Marketing der Dinkhauser Kartonagen Vertriebs GmbH zum Abschluss der Verpackungstagung. Der "food-mailer" stellt sich dabei als System-lösung aus Verpackung, Kühlmittel und Kalkulator dar. Die Verpackung aus 100 Prozent Wellpappe integriert eine ausgetüftelte Lösung für die Luftzirkulation und verwendet ein lebensmittelunbedenkliches, quellbares Pulver, wie man es aus Windeln kennt. Der foodmailer kann volumensparend zum Anwender transportiert werden, wo er in Wasser gelegt und anschließend auf die benötigte Temperatur gefroren wird. Die Verpackung benötigt auch im Einsatz weniger Volumen als Styropor und ist deshalb günstiger beim Transport. Die Entsorgung kann regelgerecht über das Altpapier erfolgen. Mit dem Online-Kalkulator können Verwender zudem den genauen Bedarf an Verpackung individuell für ihr Produkt und die jeweilige Transportentfernung berechnen.

Impressionen und Ausblick

Impressionen der 26. Dresdner Verpackungstagung bietet das dvi unter verpackungstagung.de. Teilnehmer finden alle Vortragsfolien im Downloadbereich der Webseite. Zur nächsten Dresdner Verpackungstagung laden das dvi und sein Mitorganisator, die Wissenschaftliche Gesellschaft für Fördertechnik und Verpackung e. V. (WGFV), am 30.November und 1. Dezember 2017.

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