Von Ralf Haberich, CEO der Shopgate GmbH

„Guten Tag, ich habe ein Paket für Sie!“, das dürfte mittlerweile wohl zu den häufigsten Sätzen an Haustüren und Gegensprechanlagen gehören. Mit rund 99 Milliarden Euro E-Commerce-Umsatz ist Deutschland längst im Online-Shopping-Modus angekommen. Doch ist diese Entwicklung positiv und mit Blick auf das Thema Nachhaltigkeit vertretbar? Fakt ist: Es gibt keinen Plan(eten) B, um nicht an unsere Umwelt und die knapper werdenden Ressourcen zu denken. Dafür aber vielversprechende Ansätze, E-Commerce und Nachhaltigkeit zusammenzubringen.

200 Millionen aktive Amazon Prime-Kunden belegen es: Die Menschheit shoppt gerne und regelmäßig online. Wäre Amazon ein eigener Staat mit ausschließlich Prime-Abonnenten, gehörte er zu den acht bevölkerungsreichsten Ländern der Welt. Dies verdeutlicht die immense Dimension des Onlinehandels und den damit verbundenen Paketversand samt der Lieferwege.

Praktisch, aber nicht spurlos 

Der weltweite Paketversand wirkt sich auf das Klima aus. Die DHL schätzt, dass mit jedem versendeten Paket 500 Gramm des Treibhausgases CO2 ausgestoßen werden. Bei rund 3,5 Milliarden Paketen, die allein innerhalb Deutschlands verschickt werden, bedeutet das einen Ausstoß von mindestens 1,75 Millionen Tonnen CO2 im Jahr – Tendenz steigend. Dies ist eine Entwicklung, die sich auf die Klimaziele und den Lebensraum für zukünftige Generationen massiv negativ auswirkt.

Nachhaltigkeit im Versandhandel – aber wie?

Für immer mehr Menschen, die auf den Versandhandel setzen, gewinnen kurze Lieferwege, ressourcenschonende Prozesse, ein geringerer Energieverbrauch und gezieltes Recycling von Material zunehmend an Bedeutung. Kurzum: Sie wünschen sich einen nachhaltigen Versandhandel. Der stationäre Handel hat hier das Potenzial, etwa Online-Pure-Playern den Rang abzulaufen: Denn, während nicht wenige Expert*innen große Filialnetzwerke als Nachteil im Wettkampf mit dem E-Commerce betrachten, sind sie jetzt der größte Trumpf im Blatt eines Omnichannel-Handels, der Nachhaltigkeit in den Fokus rückt.

Ship-from-Store: Dezentrale Logistik dank Filialnetz 

Anstatt ihre Filiale und das damit verbundene Filialnetzwerk ins Zentrum des Paketversands zu stellen, greifen viele stationäre Händler heute noch immer auf große Zentrallager zurück und imitieren damit E-Commerce-Giganten wie Amazon. Dabei liegt genau in den Filialen der Schlüssel für nachhaltigen Versandhandel. Dafür gilt es, die stationären Geschäfte als dezentrale Fulfillment-Hubs zu verstehen, mit denen sich sowohl die eigene Logistik als auch der eigene Service auf ein neues Level heben lassen. Dieser Ansatz nennt sich Ship-from-Store. Ziel ist es, Waren und Pakete direkt aus den Niederlassungen vor Ort zu versenden und so nicht nur unnötige Kilometer für Pakete in LKWs und der Bahn zu vermeiden, sondern auch Kosten für die Händler zu senken. Die optimale Nutzung vorhandener Strukturen birgt immenses Sparpotenzial. So lassen sich Flächen und Strukturen in Zentrallagern reduzieren oder gar abbauen. Zugleich stellt dies sicher, dass Filialen ressourceneffizient arbeiten können.

Paketversand? Ja, aber bitte klimaneutral(er)!

Natürlich besteht nicht jede Bestellung nur aus einem Artikel. Und manchmal mag die Vielzahl an Bestellungen die Kapazitäten einer einzelnen Filiale überfordern. Aber auch hier gibt es Möglichkeiten, wie stationäre Händler sich auf ihrem Weg zu mehr Klimaneutralität helfen können. Etwa mit intelligenten Lösungen, um in den Filialen immer möglichst wenige Einzelsendungen entstehen zu lassen und diese zugleich möglichst wenig Wegkilometer erzeugen. Bei tausenden Sendungen im Monat kann das schon beim Porto einen großen Unterschied machen – und den CO2-Ausstoß drastisch reduzieren. Zugleich eröffnet sich für Händler mit solchen Lösungen eine große Chance, den wachsenden Kundenansprüchen in Sachen Umweltschutz und Klimaneutralität zu entsprechen. So kann etwa die Einführung sogenannter „GoGreen-Labels“ ein weiterführendes Angebot schaffen, das den Nachhaltigkeits-Gedanken fortsetzt. Die Idee dahinter ist ein Ausgleich der erzeugten CO2-Menge beim Versand durch das Investment in klimaerhaltende Maßnahmen. Kund*innen bezahlen einen kleinen Aufschlag und leisten damit einen Beitrag, den Paketversand klimaneutraler zu gestalten.

Fazit: Dank Omnichannel verantwortungsvoll in die Zukunft

Die Aufgabe, gemeinsam eine bessere Zukunft für die Umwelt und kommende Generationen zu gestalten, ist gewaltig. Für Händler heißt das, kurzfristig, aber eben auch mittel- bis langfristig auf ihre eigene Klimabilanz zu achten. Nicht nur, weil es lediglich diesen einen Planeten gibt und bei schlechter Behandlung eine globale Klimakrise droht. Sondern auch, weil ihre eigenen Kund*innen diesen Fakt immer mehr verinnerlichen und einen Wandel fordern. Der Omnichannel, vor allem mit dem Ansatz Ship-from- Store, bietet hier eine nachhaltige Lösung, die sich für Filialisten effektiv und schnell realisieren lässt. Dank des Omnichannels sind Nachhaltigkeit und Verantwortung für die Zukunft mit dem Einzelhandel durchaus vereinbar. 

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