Mit dem erstmaligen Einsatz von Rezyklat in Beauty-Verpackungen leistet der europäische Mengenmarktführer für dekorative Kosmetik cosnova zusammen mit allen Teilnehmern des von dm bereits 2018 initiierten #ForumsRezyklat Pionierarbeit. Der Zusammenschluss zählt über 30 Mitglieder aus Händlern, Herstellern, Entsorgern und Verpackungsherstellern und zielt darauf, Verpackungen zu reduzieren und deren Rezyklierfähigkeit zu steigern. So plant cosnova bis 2025 mindestens 50 Prozent aller Verpackungen aus Recyclingkunststoff herzustellen. 

POS kompakt hat mit Daniela Soukup, Expert Corporate Responsibility, und Christian Herold, Director Consumer Experience & Engagement, bei cosnova darüber gesprochen, welche Potenziale bei der Reduzierung von Plastik und Material in den Bereichen Packaging, POS-Displays und Beauty-Theken sowie im Bereich Logistik- und Sekundär/Tertiärverpackungen zu erwarten sind, dabei aber auch evtl. Hürden und Problemfelder nicht unerwähnt gelassen.

POS-kompakt: Sebastian Bayer, Initiator des #ForumRezyklat und als dm-Geschäftsführer verantwortlich für das Ressort Marketing + Beschaffung, sagte in einem Interview zum Thema Nachhaltigkeit: „Beim #ForumRezyklat haben wir uns bewusst dazu entschieden, alle Akteure entlang der Kreislaufwirtschaft von Verpackungen abzubilden. Wir sind überzeugt davon, dass solche übergreifenden Themen mit gesellschaftspolitischer Bedeutung am besten gemeinsam mit Partnern bearbeitet werden können, um die größtmögliche Wirkung zu erzielen und unsere Ziele zu erreichen.“ Kooperationen von Marken und Handel waren auch zu Zeiten, in denen es noch keine Online-Konkurrenz gab, immer wieder mal Thema, besonders auch beim Category Management. Diese erwiesen sich aufgrund der unterschiedlichen angestrebten Ziele und Schwerpunkte als durchaus nicht so einfach umzusetzen. Entlang der Kreislaufwirtschaft von Verpackungen kommen beim #ForumRezyklat jetzt noch deutlich mehr Akteure ins Spiel: Hand aufs Herz – das erfordert jede Menge Dialogbereitschaft, wohl auch Kompromissbereitschaft und vielleicht auch ein neues Denken… Mit welchen Zielen, Positionen und Aufgabenstellungen verbindet cosnova seine Teilnahme am #ForumRezyklat? 

Daniela Soukup: „Wir sind – genauso wie Sebastian Bayer und die sonstigen Beteiligten im #Forum Rezyklat – davon überzeugt, dass wir Nachhaltigkeit in der Beauty-Industrie nur gemeinsam mit anderen Akteur*innen, darunter Recyclingunternehmen, Kunststoffproduzenten, Kunststoffverarbeitern, Branchenverbänden, NGOs und Konsument*innen, vorantreiben können. Dann jedoch mit umso größeren und effektiveren Schritten. Bei cosnova verfolgen wir im Hinblick auf Recycling unter anderem die Ziele bis 2025 bis zu 50 Prozent unserer Verpackungen und Trade Marketing Materialien aus wiederverwertetem Material oder erneuerbaren Rohstoffen herzustellen sowie bis zu 75 Prozent unserer Verpackungen und Trade Marketing Materialien recyclingfähig zu designen. Da es aktuell weder ausreichend recycelten Kunststoff von guter Qualität für den produktberührenden Einsatz noch verbindliche Standards gibt, welche Kunststoffe für welchen Zweck in Kosmetikverpackungen verwendet werden können, ist uns der Austausch und die Forcierung von Industriestandards im Rahmen des #ForumsRezyklat enorm wichtig. Als mittelständisches Unternehmen ohne eigene Produktion ist es uns wichtig, mit den anderen Mitgliedern des Forums aktiv den Dialog und die Zukunft mitzugestalten und als einer der wenigen Vertreter für dekorative Kosmetik auf die Besonderheiten dieser Branche hinzuweisen. So sehen wir uns aufgrund der Diversität und Beschaffenheit unseres Sortiments nochmal ganz anderen Anforderungen gegenüber als beispielsweise die Hersteller von Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln.“

Gerade bei Kosmetik- und Pflegeprodukten gibt es noch Hürden beim Einsatz von recycelten Kunststoffen. So haben Rezyklate, die aktuell gut verfügbar sind, oftmals nicht die Qualität, die für diesen Bereich von Herstellerseite gefordert werden. Wie sieht cosnova das aktuelle Spannungsfeld zwischen verfügbaren Rezyklaten und einem Premiumanspruch bei der Außenwirkung einer Verpackung? Gibt es noch weitere Hürden, die zu beseitigen sind?

Daniela Soukup: „Uns begegnen zweifellos noch einige Hürden, wenn es um die Wiedernutzbarmachung von Kunststoffen für Kosmetik geht. Wir arbeiten mit hohem Aufwand daran, diese Hürden zu meistern – es liegt in unserer Verantwortung als Kosmetikunternehmen Kreisläufe zu etablieren, um so die Flut an Plastikmüll zu reduzieren. Auch unsere mehrheitlich junge Kundschaft fragt vermehrt nachhaltigere Verpackungen nach. Der Bedarf ist somit definitiv gegeben – nur das Angebot ist nicht ausreichend und in der notwendigen Qualität verfügbar. So gibt es im Olefin-Bereich, der den Hauptteil unserer Verpackungen ausmacht, leider noch kein recyceltes Material, das wir produktberührend einsetzen können. Wir nehmen den Status Quo jedoch nicht einfach hin und warten, sondern haben uns mit unserem Partner, dem Recycling- und Umweltdienstleister Interseroh, zusammengetan: Als erstes Unternehmen der Kosmetikbranche verwenden wir Post Consumer Rezyklat aus dem gelben Sack in Verpackungsbestandteilen unserer Produkte von essence und CATRICE. Das recycelte Material ist hierbei in solche Elemente geflossen, die nicht produktberührend sind. Unser ästhetischer Anspruch an das Packaging ist davon jedoch unbeeinträchtigt und weiterhin hoch – schließlich dürfen die von uns verwendeten Rezyklate neuem Kunststoff in der Performance und Außenwirkung in Nichts nachstehen. Dennoch gibt es beim Recycling noch Hürden. Da Kosmetika körpernahe Produkte sind, stehen die Sicherheit in der Anwendung und der Schutz des Füllgutes an erster Stelle. Wie eingangs erwähnt reicht die Qualität im Sinne von Reinheit, Stabilität, Verarbeitbarkeit und Optik von Rezyklaten häufig noch nicht aus, um Verpackungen von Colour-Kosmetik schon jetzt komplett aus recyceltem Kunststoff zu designen. Bei Packaging, das direkt mit dem Füllgut in Berührung kommt, sind wir daher momentan noch auf Neu-Plastik angewiesen.“

Wie sieht cosnova dabei die Situation für die am POS eingesetzten POS-Displays und Beauty-Theken?

Daniela Soukup: „Im Zuge unserer Sortiment-Aktualisierungen zweimal im Jahr rüsten wir auch die Module und Einsatzteile unserer POS-Displays um. Dabei fällt einiges an Kunststoff an. Da es unser Anspruch ist, auch hier nachhaltiger zu werden, setzen wir seit Anfang 2020 vermehrt Rezyklate in unseren Beauty-Shops ein. Mittlerweile bestehen unsere Theken und Einsatzteile mehrheitlich aus wiederverwertetem Kunststoff, sodass wir bis August 2021 mit unserem Zulieferer DIAM Deutschland GmbH bereits rund 49 Tonnen Neu-Plastik bei unseren CATRICE-Theken einsparen konnten, mit einem stetigen Zuwachs pro Saison. Zusätzlich schauen wir, wie wir den Materialeinsatz insgesamt reduzieren können: So setzen wir auf steigende Modularität in unseren Theken mit dem Ziel, insgesamt weniger Einsatzteile produzieren lassen zu müssen. Zudem denken wir gemeinsam mit unseren Lieferanten bestimmte Einsatzteile neu und nehmen zum Beispiel Aussparungen in den Seitenwänden vor. Auch wenn wir dabei manchmal nur kleine Mengen einsparen, sind wir der Meinung, dass jeder Schritt in die richtige Richtung zählt und auch minimale Optimierungen den Unterschied machen.“

Eines der Ziele vom #ForumRezyklat ist es, bereits im Entstehungsprozess neuer Verpackungen darauf zu achten, dass die Verpackungen recyclingfähig sind und Rezyklate vermehrt eingesetzt werden. Welche Auswirkungen hat dies auf das Produktdesign? Muss nicht die Rezyklierfähigkeit als feste Disziplin Einzug halten beim Designen und Entwickeln zukunftsfähiger Produktlösungen? Gibt es dabei innerhalb der gesamten Kreislaufwirtschaft Einsparpotenziale und wenn ja, wo?

Daniela Soukup: „Ja, es ist absolut notwendig, dass die Rezyklierfähigkeit bei Produktdesign und -entwicklung von vornherein mitgedacht wird. Die Recyclingfähigkeit eines fertigen Produktes wird zum größten Teil in der Designphase entschieden. Daher ist es wichtig, unsere Produktentwicklung bestmöglich darauf abzustimmen. Allerdings gibt es nicht die Recyclingfähigkeit: Ob ein Produkt am Ende seines Produktlebenszyklus recycelt werden kann, hängt nicht zuletzt von der Sammlungs-, Sortier- und Aufbereitungs-Infrastruktur in der Kommune, dem Land oder der Region, in der es verbraucht wird, ab. Da wir den Großteil unserer Produkte im europäischen Raum vertreiben, orientieren wir uns bei unserem „Design for Recycling“-Ansatz zunächst überwiegend an den Anforderungen des hiesigen Dualen Systems und lassen uns dabei auch von externen Expert*innen beraten. Innerhalb des Produktentwicklungsprozesses prüfen wir ganz genau, wo wir Materialeinsparpotenziale haben, wie wir die Verpackungen recyclingfähig gestalten und an welchen Stellen wir wiederverwerteten Kunststoff einsetzen können. So stellen wir sicher, dass wir die Rezyklierfähigkeit unserer Produkte bestmöglich optimieren und nur so viel neues Material nutzen, wie absolut notwendig. Hier gibt es nämlich definitiv Potenzial: Zusätzlich zu den oben genannten Zielen möchten wir bis 2025 bis zu 30 Prozent Verpackungsmaterial einsparen. Dieses Ziel bezieht sich auch auf den gesamten Transportweg. So halten wir unsere Lieferanten anhand einer Negativliste für Transportverpackungen dazu an, möglichst weniger und zudem nachhaltigere Umverpackung einzusetzen.“ 

Haben sich die Anforderungen, die POS-Serviceunternehmen erfüllen sollten, wenn diese als Entwickler und Produzenten für Kosmetik- und Beautymarken mit nachhaltiger Compliance-Agenda in die engere Auswahl gelangen wollen, verändert? Und wenn ja, in welcher Weise? 

Daniela Soukup: „Natürlich tragen wir unseren eigenen Anspruch und den unserer Konsument*innen an nachhaltigere Kosmetik auch an unsere Partner und Dienstleister weiter. Für jedes Produkt oder POS-Element, das neu entwickelt werden muss, erweitern wir unseren Anforderungskatalog und lassen diesen den mit uns zusammenarbeitenden Unternehmen und Lieferanten zukommen. Dies stößt in breiter Front auf offene Ohren, denn auch unsere Geschäftspartner arbeiten mit Hochdruck an nachhaltigeren Alternativen und sind bestrebt, mit uns gemeinsam neue Lösungen zu entwickeln. So testen wir aktuell zusammen mit unserem Lieferanten Willson & Brown einen eigenen geschlossenen Kreislauf zur Wiederverwertung unserer Einsatzteile am POS. Dieses Projekt liegt uns sehr am Herzen und wird uns ermöglichen, eine Menge Material einzusparen. Aber das ist nur ein Beispiel: Wir tun uns, wie im Falle von Interseroh, DIAM und Willson & Brown, mit Unternehmen zusammen, mit denen wir unsere ambitionierten Ziele erreichen können. Auf Basis verbindlicher Vereinbarungen gewährleisten sie, dass wir die Menge, Qualität und Sicherheit von recyceltem Material erhalten, die unseren Anforderungen entspricht.“

Abschließend noch eine Frage aus dem B2C-Bereich: Hat Covid19 das Einkaufsverhalten der Shopper in den Märkten kurzfristig verändert und – vielleicht viel interessanter - wird Corona das Verhalten der Shopper im Beautybereich ihrer Meinung nach nachhaltig und dauerhaft verändern? Gibt es dabei einen Führungswechsel in der Bedeutung von online und stationärem Handel? Wird es in der nächsten Zeit eine neue Definition der sogenannten Customer Experience geben und welche Rolle werden dabei die Aspekte Nachhaltigkeit und der Einsatz neuer Technologien spielen?

Christian Herold: „Die Customer Experience (CX) beziehungsweise die Art, wie Kund*innen ihre Interaktionen mit einer Marke wahrnehmen, benötigt keine neue Definition, aber unsere volle Aufmerksamkeit: Denn Unternehmen mit einer exzellenten CX haben langfristig loyalere Kund*innen mit einer höheren Kauf- und Empfehlungsbereitschaft. Seit COVID-19 hat sich dieser Trend der sogenannten „Hyper Adoption“ beschleunigt und führt dazu, dass Konsument*innen schneller denn je einer Marke, von der sie enttäuscht wurden, den Rücken kehren. Wir bei cosnova konnten bereits erste Ableitungen positiver Erfahrungen unserer Marken-Fans und deren Einfluss auf ihre Kaufbereitschaft sammeln: Kaufinteressierte mit einer sehr guten CX sind bereit, fast doppelt so viel Geld in unsere Marken zu investieren als Personen mit einer negativen oder neutralen Erfahrung. Diese Erkenntnis ist für uns als Unternehmen mit hohem Produktvolumen ein sehr großer Hebel, den wir nun nutzen müssen. Beim Einkaufsverhalten sehen wir zudem Anzeichen dafür, dass der Kauf im stationären Handel zunehmend transaktional wird, während die Informationsbeschaffung über die Produkte und das Marken-Engagement bereits überwiegend online stattfinden. Während der Pandemie-Monate ist der Online-Anteil am gesamten Retail-Bereich allein so stark gewachsen wie zuvor in einem Zeitraum von sieben Jahren, in UK von 20 auf 31 Prozent oder in den USA von 16 auf 27 Prozent. Auch in Deutschland ist eine ähnliche Dynamik zu beobachten: Zwischen 2019 und 2020 betrug das Wachstum des Online-Geschäfts 16,5 Prozent, während der Handel insgesamt um 1,3 Prozent zurückgegangen ist. Nahezu jeder Omnichannel-Händler hat dabei Rekordumsätze im Online-Retail anteilig am Gesamtumsatz vermeldet.

Zukünftig müssen wir daher online Einkaufserlebnisse schaffen, die das Gefühl vermitteln, das wir ansonsten beim Stöbern, Betrachten und Testen von Produkten im stationären Handel haben. Dafür setzen wir auf eine Kombination unterschiedlicher Services und den geschickten Einsatz neuer Technologien: So wurde der Wegfall von physischen Testern durch virtuelle Try-Ons auf unserer Website und Social Media abgefangen oder Produktberatungen online von sogenannten „Beauty Advisors“ durchgeführt. Diese Services ergänzen wir um eine deutlich stärkere Einbindung von nutzergenerierten Inhalten wie Produktbewertungen oder FAQs auf unseren eigenen digitalen Touchpoints. Die Nutzungszahlen zeigen uns sehr deutlich, dass diese Angebote gut angenommen werden. Dies freut uns auch im Sinne unserer Bestrebungen, als Unternehmen insgesamt nachhaltiger zu werden, denn Services wie digitale Tester, Online-Beratung und optimierte FAQs ermöglichen uns zum Beispiel, versiegelte Produkte mit digitalen Alternativen zu ersetzen sowie unsere bereits heute schon geringe Retouren-Quote von bis zu 2 Prozent weiter zu verringern. Ob der Trend weiterhin so anhält, wird sich zeigen. Wir setzen strategisch auf eine stark steigende Bedeutung von Online-Handel und stellen uns bei cosnova organisatorisch, prozessual und technologisch entsprechend auf. Wir sehen den Schlüssel zum Erfolg darin, die beiden Welten – online und stationär – geschickt miteinander zu verknüpfen und in enger Kooperation mit unseren Handelspartnern Services und Dienstleistungen zu entwickeln, die diese Vernetzung erlauben: So können Kund*innen auf unserer Website heute zum Beispiel bereits prüfen, ob ein bestimmter Artikel bei einem unserer Handelspartner verfügbar ist und diesen dort bestellen. Weitere, gemeinsame Services wie „Click & Collect“ sind dann der nächste logische Schritt. In dem Sinne werden die beiden Seiten sich zukünftig tiefer in den jeweiligen Prozessen verzahnen müssen, um langfristig eine möglichst exzellente Customer Experience bieten zu können. 

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