Drogeriemärkte dm und Rossmann an der Spitze vor Amazon.de
Heft 2.2020: Einzelhandel-Index
Der aktuelle „Einzelhandel-Index“ der internationalen Unternehmensberatung OC&C Strategy Consultants analysiert jährlich die Trends der Handelsbranche und ermittelt die beliebtesten Einzelhändler der Deutschen. Für die aktuelle Studie wurden weltweit über 50.000 Konsumenten zum Leistungsversprechen von weltweit 650 führenden Handelsunternehmen (darunter 68 aus Deutschland) befragt. Zentrale Erkenntnisse der aktuellen Analyse: Das wachsende Nachhaltigkeitsbewusstsein der Konsumenten beeinflusst immer stärker die Beurteilung der Händler. Im Omnichannel-Geschäft gewinnt der Store wieder an Bedeutung – denn Konsumenten sehnen sich nach Einkaufserlebnissen, die nur der stationäre Handel bietet. Hornbach und Alnatura finden sich erstmals unter den Top 10.
Die Drogeriemarktkette dm ist der beliebteste Händler Deutschlands und steht erneut an der Spitze des aktuellen „Einzelhandel-Index“ der internationalen Unternehmensberatung OC&C Strategy Consultants. Der „Einzelhandel-Index“ analysiert jährlich das Leistungsversprechen führender Handelsunternehmen und ermittelt die Kundenbewertung in den Dimensionen: Einkaufsatmosphäre, Kundenservice, Preis, Preis-Leistungs-Wahrnehmung, Produktauswahl, Produktqualität, Convenience, modische Aktualität und Vertrauen. Die Verbraucherperspektive wird auf einer Skala mit einem Maximalwert von 100 erfasst.
Die Spitzenplätze gehen in diesem Jahr an die Drogeriemärkte dm und Rossmann. Beide Konkurrenten punkten in den Dimensionen „Vertrauen“ und „Preis-Leistungs-Wahrnehmung“. Primus dm landet zudem in den Kategorien „Einkaufsatmosphäre“ und „Produktqualität“ unter den Top 10. Durch die insgesamt hohe Kundenzufriedenheit verweisen die Drogeriemarktketten Amazon.de dieses Jahr nur auf den dritten Rang. Der Online-Versandhändler bleibt in Sachen „Produktauswahl“ das Maß der Dinge und schneidet auch in den Kategorien „Convenience“, „Vertrauen“, „Kundenservice“ und „Einkaufsatmosphäre“ gut ab. Amazons zentrale Herausforderung besteht jedoch zunehmend darin, bei stetig wachsender Produktauswahl für den Kunden mit maßgeschneiderten Angeboten relevant zu bleiben.
Das dritte Jahr in Folge machen dm, Rossmann und Amazon.de die ersten drei Plätze unter sich aus. Erstmals unter den Top 10 finden sich Hornbach (Rang 7) sowie Neueinsteiger Alnatura (Rang 10). Die Rückkehr in die Gruppe der zehn beliebtesten deutschen Händler gelingt Ikea (zuletzt 2015 in den Top 10), Douglas (zuletzt 2017 in den Top 10) und Tchibo (zuletzt 2012 in den Top 10). Ikea und Douglas haben intensiv an ihren Omnichannel-Angeboten gearbeitet und damit das Einkaufserlebnis verbessert. Im Falle Ikeas belohnen die Konsumenten zudem Investitionen in die Bereiche Nachhaltigkeit und Innovation. Ein Beispiel ist die Initiative „Zweite Chance“ für gebrauchte Möbel, die Ikea annimmt und an neue Interessenten weiterverkauft. Newcomer Alnatura überzeugt mit hoher Transparenz entlang der Wertschöpfungskette und bedient damit den steigenden Verbraucherwunsch nach Nachhaltigkeit.
„Die Top 10 sprechen die Kundenbedürfnisse gut an. Allerdings verzeichnen Amazon, Edeka und Fressnapf leichte Werteinbußen. Das zeigt: auch etablierte Händler müssen kontinuierlich am Leistungsversprechen arbeiten. Zudem sollten sie die Präferenzen der Kundensegmente und ihre Relevanz für bestimmte Zielgruppen im Blick zu behalten. Denn wir sehen, einige Marken sind nur für bestimmte Generationen bedeutsam. Peek & Cloppenburg ist bei Babyboomern besonders beliebt während die Gen Z beispielsweise MediaMarkt und Zara besser bewertet als andere Altersgruppen“, erklärt Christoph Treiber, Partner bei OC&C und einer der Autoren der Studie.
Zentrale Trends für den deutschen Einzelhandel
Die Analyse des „Einzelhandel-Index 2019“ sieht zwei zentrale Trends, die deutsche Händler auch 2020 intensiv beschäftigen werden.
Omnichannel-Präsenz: Das Ladengeschäft wird für das Einkaufserlebnis wieder wichtiger – allerdings mit anderen Spielregeln. Wollen sich Omnichannel-Händler erfolgreich positionieren, müssen sie sowohl online als auch im stationären Handel überzeugen. Kunden haben an beide Handelsformen aber sehr unterschiedliche Erwartungen, die es zu bedienen gilt. Im stationären Handel sehnen sich Kunden nach besonderen Einkaufserlebnissen – hier sind Vertrauen, Qualität und Kundenservice sehr wichtig. Online hingegen sind Kriterien wie Produktvielfalt und schneller Versandservice von größter Bedeutung. Viele der in den Top 10 platzierten Händler verdanken ihr gutes Gesamtergebnis einem ausgewogenen Mix aus stationärem Geschäft und Online-Handel. Gerade in Sektoren wie Health & Beauty oder der Textilbranche sind Stores ein essenzieller Erfolgsfaktor. Hier wollen sich die Kunden inspirieren lassen und vor dem Kauf möglichst viele Produkte ausprobieren und vergleichen.
„Kunden schätzen die Vorteile guter Omnichannel-Konzepte und belohnen diese Händler mit positiven Bewertungen. Reine Online-Anbieter verzeichnen hingegen gegenüber dem Vorjahr Verluste bei den Gesamtwerten von durchschnittlich 1,4 Prozentpunkten. Doch die Bedeutung stationärer Geschäfte haben mittlerweile auch Online-Händler wie Amazon, Zalando oder Home24 erkannt, die immer häufiger Stores in Innenstädten eröffnen“, erklärt Christoph Treiber.
Nachhaltigkeitsbewusstsein beeinflusst zunehmend die Kaufentscheidung. Etwa die Hälfte der im Rahmen des „Einzelhandel-Index 2019“ befragten Konsumenten interessiert sich bereits jetzt für die Umweltauswirkungen des Einkaufs. Noch führt das nur sporadisch zu veränderten Kaufentscheidungen. Doch die Anzeichen, dass Kunden sich zukünftig von Händlern und Marken abwenden, die Nachhaltigkeitsthemen nicht in ihrem Sinne priorisieren und adressieren, sind unverkennbar. So besitzen Gen-Z sowie Millennials im Vergleich zu den anderen Generationen schon jetzt ein deutlich höheres Nachhaltigkeitsbewusstsein.
Im Bereich Health & Beauty ist ein verändertes Konsumverhalten aufgrund von Nachhaltigkeitsaspekten bereits spürbar. Auch im Lebensmitteleinzelhandel und im Textilsektor wächst das Bewusstsein der Konsumenten. Nachhaltigkeitsaffine Kunden bewerten Einzelhändler mit einer umweltfreundlichen Positionierung positiver als vergleichbare Konkurrenten ohne eine erkennbar nachhaltige Ausrichtung. Gute Beispiele sind dm und Rossmann im Drogeriesegment oder Alnatura im Lebensmittelbereich. Auch Discounter wie Aldi oder Lidl haben das Potenzial erkannt und setzen sich ambitionierte Nachhaltigkeitsziele. Aldi-Kunden können etwa per App die Herkunft ihrer Produkte bis zum Erzeuger zurückverfolgen und Lidl will der nachhaltigste Discounter Deutschlands werden.
„Das Nachhaltigkeitsbewusstsein der Verbraucher wird in den kommenden Jahren als Kriterium für die Kaufentscheidung noch bedeutender werden. Neben jüngeren Verbrauchern sind es vor allem Konsumenten mit hohen Einkommen, die von Händlern eine verantwortungsbewusste und nachhaltige Wertschöpfungskette fordern. Um ihre Zukunft nicht aufs Spiel zu setzen, sind Händler also gut beraten, rasch Strategien zu entwickeln, die bei allem Kosten- und Margendruck auch das Nachhaltigkeitsbewusstsein glaubwürdig dokumentieren“ ordnet Christoph Treiber die Ergebnisse ein.
Über die Studie
Der „Einzelhandel-Index 2019“ von OC&C analysiert Angebot und Leistungsversprechen von über 650 führenden Handelsunternehmen (darunter 68 aus Deutschland) auf Basis einer internationalen Konsumentenbefragung. Insgesamt werden Jahr für Jahr circa 50.000 Verbraucher befragt. Seit Einführung des Index im Jahr 2010 wurden 290.000 Konsumenten interviewt und 27 Millionen Kundenbeurteilungen analysiert. Die Analyse der Leistungsversprechen bildet die Grundlage für den Vergleich von Positionierungen der einzelnen Unternehmen sowie die Ableitung von branchenspezifischen Erfolgsfaktoren. Für jedes Handelsunternehmen wurden die Kunden systematisch zur Gesamtwahrnehmung und den Elementen des Leistungsversprechens befragt. Neben der Kundensicht zu Preis, Produktqualität, Produktauswahl, Einkaufsatmosphäre und dem Service wurden auch die Preis-Leistungs-Wahrnehmung des Kunden, die Verbraucherfreundlichkeit, modische Aktualität und das Kundenvertrauen ermittelt. In die Bewertung fließen hierbei nur diejenigen Konsumenten ein, die das entsprechende Handelsformat in den vergangenen drei Monaten besucht oder dort eingekauft haben. Das vom Kunden wahrgenommene Gesamtleistungsversprechen und die einzelnen Elemente des Leistungsversprechens werden jeweils in einem Index gemessen, dessen Maximalwert 100 ist. Werte oberhalb von 75 können hierbei als „gut bis sehr gut“ beurteilt werden, während Werte unterhalb von 70 typischerweise auf individuelle Schwächen des jeweiligen Händlers hindeuten. Aus dem Vergleich von Unternehmen innerhalb einer Branche lässt sich damit der jeweilige Handlungsbedarf eines Unternehmens ableiten.
Über Christoph Treiber
Christoph Treiber ist Partner im Münchner Büro von OC&C Strategy Consultants und Teil der internationalen Retail- und Konsumgüter-Practice der Unternehmensberatung. Er verfügt über langjährige Projekterfahrung in unterschiedlichen Bereichen und Kategorien sowohl in der Handelsbranche als auch in der Konsumgüterindustrie und hat zahlreiche führende deutsche und internationale Handels- und FMCG-Unternehmen beraten.