Kosmetik: Multifunktionalität als Motor für Innovationen

Der Markt für Kosmetikprodukte läuft nach wie vor gut, die Nachfrage ist bis heute insgesamt stabil. Der Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel (IKW) vermeldet für das zurückliegende Jahr 2013, dass der Markt für Schönheitspflegemittel im vergangenen Jahr um 0,6 Prozent zulegen und sich weiter leicht positiv entwickeln konnte.

Insgesamt haben die Verbraucher 2013 12,9 Mrd. Euro für Kosmetikprodukte ausgegeben (77 Mio. Euro mehr als im Vorjahr; + 0,6 Prozent). Hierbei entwickelten sich die beiden größten Kategorien Haarpflege (+ 1,2 Prozent) und Haut- und Gesichtspflege (+ 0,8 Prozent) überdurchschnittlich gut. Innovative Neuprodukte und neue Segmente haben diesen Kategorien neue Impulse gegeben, so der Verband. Echter Wachstumstreiber war die Kategorie der Dekorativen Kosmetik. Für Lippenstifte, Make-up und Co. investierten die Verbraucher 2013 insgesamt 47 Millionen Euro mehr (+ 3,4 Prozent). Und wie wird sich der Markt für Kosmetikprodukte weiterentwickeln? Kurze Frage – klare Antwort: Zwei Dinge werden auch die Kosmetikbranche in der nächsten Zeit beschäftigen. Das erste Thema heißt "Innovation" und zwar auf der Basis von Multifunktionalität. Die Marktforscher von Mintel Beauty & Personal Care prognostizieren, dass das Thema "Multifunktion" die Kosmetikverbraucher 2014 mit Sicherheit beeinflussen wird. Die Grenzen zwischen verschiedenen Technologien der Schönheitspflege verwischen zunehmend, und gerade bei Hautpflege, Haarpflege und dekorativer Kosmetik gibt es Überschneidungen, so das Unternehmen. Durch die kategorieübergreifende Kombination der interessantesten Technologien und Vermarktungsmöglichkeiten schaffen Hersteller neue Produkte, Verpackungen, Vermarktungsstrategien und Handelswaren.

Multifunktion wird Schlüsseltrend


"Die Multifunktion wird immer mehr ein herausragender Trend, der alle Kategorien von Körper- und Schönheitspflege umfasst", kommentiert Jane Henderson, Global President des Segments Beauty and Personal Care von Mintel. "Es ist ein Schlüsseltrend, der schon seit etwa einem Jahr wächst, aber 2014 werden wir hier eine wirkliche Beschleunigung erleben. Zwar arbeiten Hersteller schon seit einigen Jahren an Mehrzweckprodukten, nun lassen sie sich jedoch von ganz anderen Kategorien inspirieren, um neue Produkte und Marketingbotschaften zu schaffen. Der enorme Erfolg von BB-Cremes (Blemish Balm – Kombination aus Tagescreme, Feuchtigkeitspflege, Sonnenschutz und deckender Foundation) hat die Hersteller zum Nachdenken angeregt, wie sie auf ihrem bestehenden Portfolio aufbauen und wieder Spannung in die teilweise gesättigten Sektoren bringen können. Es werden weiter neue Kombinationen entstehen, die zu neuen Produkten, Verpackungen, Vermarktungsstrategien und Handelswaren führen. Das wird den Markt beleben und im kommenden Jahr eine Triebfeder für Innovationen sein."

Die Verbindung von Pflege und Kosmetik

In China ist fast die Hälfte (46 Prozent) der Kosmetikbenutzerinnen daran interessiert, Mehrzweckprodukte (z. B. Rouge und Lidschatten in einem) auszuprobieren; fast ein Drittel (29 Prozent) stimmt der Aussage zu, dass Mehrzweckprodukte wie BB-Cremes genauso gut wirken wie Produkte, die nur für einen einzigen Zweck entwickelt wurden. Dem Marktforschungsunternehmen zufolge geben 37 Prozent der Befragten an, für ihre Haut gern Produkte zu verwenden, die Pflege und Kosmetik verbinden. Ein Drittel (34 Prozent) der chinesischen Verbraucherinnen sehen die Kostenersparnis als positiven Faktor an und betrachtet den Kauf von Mehrzweck-Produkten als wirtschaftlicher gegenüber Einzelprodukten. Von der Popularität in den USA und China kann in Großbritannien noch keine Rede sein: Nur ein Viertel (25 Prozent) der Frauen interessieren sich nach eigenen Angaben für Hautprodukte wie BB-Creme und getönte Lippenpomade, die Kosmetik und Pflege verbinden."Solche Mischformen gibt es nicht nur im Kosmetik-Bereich, sondern auch bei Getränken und Nahrungsmitteln. Erst gab es BB-Creme, dann kamen Cronuts (Kombination von Doughnut und Croissant). Natürlich hat es diese Entwicklung schon vor mehreren Jahrzehnten mit den 2-in-1-Haarshampoos gegeben, aber diese neuen Mischprodukte sind ehrgeiziger und spannender. Der Erfolg von Mischformen wie BB-Creme hat die Hersteller inspiriert, neue Wege zu erkunden, mit denen sie verschiedene Kategorien zusammenbringen und etwas Aufregendes für die Verbraucher schaffen können. Statt Umsätze zu kannibalisieren, fungieren diese Produkte nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung", so Henderson weiter.

Drogeriemärkte genießen das größte Kundenvertrauen

Und am POS? Der Drogeriemarkt ist immer noch erste Wahl als Einkaufsstätte für Kosmetik- und Pflegeprodukte in Deutschland. Gründe dafür gibt es viele. Vor allem zu nennen ist aber, dass die Drogeriemarktbetreiber die Vorlieben der Kosmetikkäufer am besten kennen, dem Sortiment eine herausragende Stellung auf der Fläche sicherstellen und auch in Sachen Verkaufsberatung bei den Kunden das größte Vertrauen in Sachen Beratungskompetenz besitzt.
Dies bestätigte auch Jens M. Schwärzler, Westeuropa-Chef von Henkel Beauty Care, gegenüber der "Rundschau für den Lebensmittelhandel": "Die Kosmetik ist eine Warengruppe, die extrem innovativ ist. Auf der anderen Seite besteht die Warengruppe aus Produkten, die zum Teil optional sind, das heißt, die der Verbraucher nicht unbedingt benötigt. Der Verbraucher muss demnach inspiriert werden. Deshalb benötigt er eine Einkaufsstätte, die ihm Kompetenz nicht nur im Sortiment, sondern auch in der Beratung bietet. Und das leben Drogeriemärkte oftmals par excellence."

Vollsortimenter positionieren sich über Sortimentsleistung, Optik und Platzierung

Schwärzler empfiehlt den Vollsortimentern für mehr Abverkaufserfolg bei Kosmetikprodukten, sich intensiv mit den Einkaufs- und Verhaltensmustern ihrer Kunden und Kundinnen bei Kosmetikprodukten auseinanderzusetzen. Sie müssen schließlich einen über Jahre hinweg gelernten Einkaufsduktus verändern. Es gibt Kaufleute, die es geschafft haben, den Verbrauchern Frische- und Drogeriemarktkompetenz in ihren Supermärkten zu vermitteln – über die Sortimentsleistung, Optik und Platzierung. "Die erfolgversprechendste Platzierung", so Schwärzler weiter, "hängt von den Shopper-Typen ab, die im Vollsortimenter einkaufen. Wer Kundinnen und Kunden ansprechen will, die sich Zeit nehmen und sich etwas Gutes tun wollen, ist gut beraten, Kosmetik- und Körperpflege zentral im Markt und im Kundenlauf zu inszenieren. Wer Shoppern das Einkaufen damit erleichtern will, in dem er ergänzend zur Frische und Food auch Kosmetik- und Körperpflege anbietet, sollte sie im Kundenlauf platzieren und die Abteilung vor allem strukturiert und funktional gliedern."

Zweitplatzierungen bleiben wichtiges Instrument im Marketing-Mix

Im Regal und bei der Stammplatzierung sollten die Vollsortimenter vor allem das Thema Innovationen ausspielen, da viele Super- und Verbrauchermärkte nur begrenzte Flächen für Kosmetik und Körperpflege-Produkte haben. "Das Herausstellen von innovativen Produkten vermittelt mehr Kompetenz als die x-te Spezial-Variante eines Körperpflegeproduktes", ist sich Schwärzler sicher. "Bei der Auswahl der richtigen Produkte kommt es darauf an, welche Kunden im Markt einkaufen. Warengruppen übergreifende Markenblöcke würden wir nur bei den Haarpflege-Produkten einsetzen und wenn ausreichend Platz zur Verfügung steht. Ansonsten empfehlen wir eine Aufteilung nach Segmenten. Innovationen sollten in jeder Kategorie sofort sichtbar für die Kunden sein." Auch Zweitplatzierungen sieht der Westeuropa-Chef von Henkel Beauty Care als wichtiges Instrument im Marketing-Mix: "Zweitplatzierungen machen besonders Sinn um Innovationen hervorzuheben, denn über 70 Prozent der Kaufentscheidungen werden bei Kosmetik- und Körperpflegeprodukten am POS getroffen. Bewährt haben sich Gondelplatzierungen, Displays und Zweitplatzierungen in der Kosmetikabteilung."

Die erfolgreiche Marke am POS: ganzheitlich, einzigartig, leidenschaftlich

Im gesättigten D-A-CH Markt verlangt es stets nach neuen Verpackungstechnologien. Teure, luxuriöse Cremes in hochwertigen, aufwändigen Verpackungen verkaufen sich nach wie vor gut. Und die Absatzkanäle werden vielfältiger: Das Internet als Absatzmarkt wächst sechsmal schneller als der herkömmliche Kosmetikmarkt, daher wird Multi-Channel-Shopping immer relevanter. Zwei Dinge sollte man dabei nie aus dem Auge verlieren: die Marke optimal in den entsprechenden Vertriebslinien zu präsentieren und natürlich die Bedürfnisse und Gewohnheiten der Shopper zu kennen.

"Schaffen Sie ein ganzheitliches und einzigartiges Markenerlebnis und leben Sie Ihre Marke", so die Empfehlung von Matthias Pach von DieterBakicDesign, Designagentur und Markendienstleister aus München mit dem Schwerpunkt Kosmetikindustrie. "Der Kampf um den Konsumenten findet nicht zwischen großen und kleinen, bekannten oder unbekannten, teuren oder billigen Marken statt, sondern zwischen leidenschaftlich und lieblos geführten Marken." Denn der Kauf von Kosmetikprodukten ist und bleibt auch in Zeiten von Multichannel-Shopping und Big Data immer noch ein hoch emotionales Einkaufserlebnis. Charles Revson, Gründer des Kosmetikkonzerns Revlon, drückte es wie folgt aus: "In der Fabrik stellen wir Kosmetikartikel her, aber über die Ladentheke verkaufen wir Hoffnung". Und diesem Zitat gibt es auch heute nichts mehr hinzuzufügen.

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