Der schönste Platz ist immer an der Theke
Dekorative Kosmetik: Drogeriemärkte umgarnen ihre Kunden – Rossmann setzt auf einen edleren Look seiner Beauty-Theke und will den Umsatz- und Frequenzbringern künftig mehr Platz einräumen.
Bereits vor sieben Jahren auf der vierten Euroforum-Jahrestagung Kosmetik betonte Christoph Berndt, Inhaber der Münchner Markenberatung Brandamazing, dass am POS bei Warenpräsentation und Produktinszenierung, aber auch beim Service, beim Kauf von Kosmetikprodukten noch jede Menge Potenzial verschenkt wird. "Es ist zwanzigmal so teuer, einen neuen Kunden zu gewinnen, als einen Kunden zum Stammkunden zu machen. Deshalb kommt gerade dem Point of Sale eine entscheidende Rolle zu, da hier bekanntlich mehr als zwei Drittel aller Kaufentscheidungen fallen. Dieser Verkaufsort muss viel stärker zu einem "Point of Genuss" werden, der für Hingabe, Ideen und Geduld stehe und mit viel Licht und Erlebniswelten den Kunden umschmeichelt."
Nun will gut Ding besonders in der D-A-CH Region gern einmal Weile haben, aber gerade jetzt mehren sich die Anzeichen, dass besonders die Drogeriemärkte, seit vielen Jahren einer der wichtigsten Absatzkanäle für Kosmetikprodukte, sich der Optimierung der Warenpräsentation und Produktinszenierung am POS von Kosmetikprodukten gezielt angenommen haben.
Rossmann geht mit neuem Konzept in den Roll-out
Der Branchenzweite bei den Drogeriemärkten Rossman testet seit sechs Monaten ein neues Konzept zur Optimierung der Warenpräsentation von dekorativer Kosmetik in Berlin. Nun vermeldete der Einkaufs- und Marketingchef Raoul Rossmann Ende April dieses Jahres, dass man mit dem neuen Konzept wahrscheinlich schon im Sommer, spätestens aber im dritten Quartal, bei allen Neueröffnungen im Inland in den Roll-out gehen will. Damit wird der Test 2015 noch auf rund 80 Filialen ausgedehnt, was die Dringlichkeit und Relevanz des Themas noch einmal unterstreicht.
Die Pilotfiliale von Rossmann in Berlin, in der das neue Konzept seit November letzten Jahres getestet wird, umfasst 1.300 qm Verkaufsfläche und punktet bei seinen Kunden mit 3,30 m breiten Gängen, einem neuen Kundenleitsystem sowie verbesserter Lichttechnik. Die Wichtigkeit der dekorativen Kosmetik für Rossmann unterstreicht auch die Tatsache, dass die dekorative Kosmetik näher zum Eingang verschoben wurde und sich außerdem im neuen Look präsentiert. Zu konstatieren, Rossmann führe diese Maßnahmen aus reiner Eigeninitiative durch, wäre dabei allerdings nur die halbe Wahrheit. Denn Branchenprimus dm ist bereits vorgeprescht: Mit der ausgerollten Skyline-Kosmetiktheke und die Aufschaltung neuer Marken konnten die Karlsruher ihren Marktanteil von bereits dominanten 30 auf sage und schreibe 50 Prozent hochschrauben. Somit ist für Rossmann der Wettbewerbs- und auch Handlungsdruck im Bereich der dekorative Kosmetik nicht unerheblich.
Kosmetikkäufer sind ähnlich markenaffin wie Autokäufer
Die Aufschaltung neuer Marken scheint von dm kein schlechter Schachzug gewesen zu sein: Denn Kosmetikkonsumenten, so auch das Ergebnis einer aktuellen Online-Konsumstudie der Berliner Content Marketing Agentur C3 in Zusammenarbeit mit dem Multichannel-Vermarkter Burda Community Network (BCN), wissen was sie wollen. Wenn es um die Kosmetikmarke geht, haben Verbraucher unabhängig vom Geschlecht eine ziemlich konkrete Vorstellung. In ihrem Markenbewusstsein gleichen sie damit Autokäufern. Nicht so festgelegt sind Kosmetikkäufer allerdings beim Design sowie konkreten Produkt- und Qualitätskriterien. Beim Mode-, Uhren- und Schmuckkauf achten Verbraucher mehr auf diese Aspekte und legen nicht so viel Wert auf die Marke, so die Ergebnisse der Studie.
Der kleine Unterschied: Kaufmotive von Männern und Frauen
Die Geschlechter unterscheiden sich dabei deutlich hinsichtlich des Budgets und der Kaufmotive. Hier haben Frauen und Männer ganz unterschiedliche Vorstellungen. Laut Hubert Burda Media besteht bei der Frage, was Kosmetik kosten darf, Uneinigkeit zwischen dem männlichen und dem weiblichen Geschlecht. Männer sind dabei sparsamer als Frauen. Nur 30 Prozent der befragten Männer kaufen ab und zu teure Kosmetikprodukte. Sie geben ihr Geld lieber für Mode, Uhren, Smartphones und Autos aus. Indes geben 42 Prozent der Frauen gerne mal etwas mehr für Kosmetik aus.
Preissensible Kundinnen bleiben eine höchst attraktive Zielgruppe
Rossmann will sich mit dem "Trading-Up" der dekorativen Kosmetik ein größeres Stück vom Umsatzkuchen sichern, betont aber, dass es bereits weitere kreative Ansätze in der Tasche hat, um seine Kunden am POS nachhaltig zu begeistern. So sagte Raoul Rossmann gegenüber der Lebensmittelzeitung: "Dekorative Kosmetik ist für uns als Ertrags- und Frequenzbringer von besonderer Bedeutung. Das Thema wird bei Neueröffnungen von uns neu präsentiert und im neuen Ladenkonzept mit einem edleren Look stärker fokussiert." So habe es vor allem im unteren Preissegment einige Veränderungen im Markt durch neue Marken wie den Kategorieaufsteiger Catrice gegeben, die auf preissensiblere Kundinnen eine besonders große Anziehungskraft ausüben. "Wir haben", so Rossmann weiter, "noch einige Ideen zum Ausbau der dekorativen Kosmetik auch im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Eigenmarken-Theken Rival de Loop Young und Classic". Doch neben allen Anstrengungen für einen edleren Look und mehr Glamour am POS - mehr Marken brauchen auch einfach mehr Platz: daher soll die Anzahl der zur Verfügung stehenden Regalmeter für die Präsentation von dekorativer Kosmetik bei Rossmann von durchschnittlich acht bis zehn auf bis zu 14 Meter erhöht werden. Um dm dabei ernsthaft Konkurrenz zu machen, wird dies auch nötig sein, denn die Karlsruher präsentieren dekorative Kosmetik schon jetzt auf bis zu 20 Regalmeter.
Der Erfolg der Naturkosmetik zeigt Trend zum werteorientierten Konsum
Neben der klassischen Kosmetik lohnt es, auch einen Blick auf die Naturkosmetik zu werfen. Hier ist Deutschland immer noch der stärkste Markt in Europa und es gibt wenige andere Produktsegmente, die so sehr den Trend zum werteorientierten Konsum widerspiegeln, wie die Naturkosmetik.