Der Point of Sale bleibt attraktiv, aber umkämpft!

Die gezielte individuelle Ansprache junger Zielgruppen wird dabei zunehmend schwieriger.

Eine der interessantesten Ankündigungen für die Kosmetikbranche erfolgte bereits im Februar dieses Jahres aus der Drogeriemarkt-Sparte, die ja bekanntlich schon immer einer der wichtigsten Absatzkanäle für Kosmetikprodukte war und ist: Edeka und der Hamburger Drogeriemarkt-Spezialist Budnikowsky, kurz Budni, verständigten sich darin auf eine - wie beide es nennen - langfristige partnerschaftliche Zusammenarbeit.

Die Allianz zwischen Edeka und Budni umfasst dabei eine waren-geschäftliche Zusammenarbeit beider Unternehmen in Drogeriemarkt-spezifischen Sortimenten. "Die Fortsetzung von BUDNI als familien-geführtem Unternehmen mit einem eigenständigen Filialnetz war für uns maßgeblich bei der Auswahl des Allianzpartners - insbesondere aufgrund der 104-jährigen Historie, unserer Hamburger Wurzeln und den damit verbundenen Werten und Verantwortlichkeiten gegenüber unseren Kunden und Mitarbeitern. Umso mehr freuen wir uns, mit Edeka einen Partner gefunden zu haben, der diese Werte teilt, respektiert und unterstützt", ließ Christoph Wöhlke für die Eigentümerfamilie mit Bezug auf die avisierte Allianz verlauten. Und Partner Edeka stieß folgerichtig ins selbe Horn: "Mit Budni gewinnen wir für den genossenschaftlichen Edeka-Verbund einen idealen Partner im Drogeriesegment, der unsere Ambitionen und Geschäftsperspektiven mit seinem Know-how ideal unterstützt", so Markus Mosa, Vorstandsvorsitzender der Hamburger Edeka AG über die Partnerschaft.

Mehr Wettbewerb zum Nutzen der Verbraucher

Zu diesem Zeitpunkt bedurfte die von beiden Partnern gewünschte langfristige partnerschaftliche Zu-sammenarbeit allerdings noch der Überprüfung durch das Kartellamt. Das Bundeskartellamt bestätigte nun, dass es nicht nur keinerlei Einwände gegen die langfristige partnerschaftliche Zusammenarbeit beider Handelsunternehmen hat, es begrüßt diese vielmehr: Die Kooperation könne vor allem im Einkauf der Waren "strukturelle Nachteile" von Budnikowsky gegenüber den Wettbewerbern dm und Rossmann verringern, teilte die Behörde mit. Das dürfe dem Wettbewerb zu Gute kommen und den Verbrauchern nutzen.

Denn Budnikowsky ist mit seinen rund 180 Filialen im Hamburger Großraum im Vergleich mit den Giganten dm (1.800 Filialen allein in Deutschland) und Rossmann (mehr als 2.000 Filialen allein in Deutschland) ein eher (noch) kleiner Player, vor allem wenn man bedenkt, dass dm und Rossmann europaweit noch einmal doppelt so viele Filialen haben. Die Nachteile für Budnikowsky in der Beschaffung gegenüber den Branchenriesen wiegen deshalb schwer. Das sieht auch das Bundeskartellamt in seiner Analyse so: "Seit der Eröffnung von Filialen von dm und Rossmann ist der Marktanteil von Budnikowsky deutlich rückläufig", hieß es in der Mitteilung des Bundeskartellamtes.

Die Kooperation mit Edeka verspricht daher eine Verringerung der Strukturnachteile. Da Edeka in Hamburg keine besonders starke Stellung im Drogeriemarkt einnehme, sieht das Amt in der Kooperation keine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs. Das Handelsblatt betont zur aktuellen Entscheidung: "Damit hat die genossenschaftlich organisierte Edeka-Gruppe als größter deutscher Lebensmittelhändler einen ersten Schritt getan, um selbst im Drogeriemarkt zu expandieren. (...) Die Edeka-Märkte verkaufen gegenwärtig auch Drogerieartikel, doch ist die Breite und Tiefe des Sortiments geringer als in den Fachmärkten." Das Hamburger Abendblatt hat auch schon den Zeitrahmen der langfristigen partnerschaftlichen Zusammenarbeit definiert: "Spätestens im kommenden Jahr soll der Einkauf von Drogerieartikeln beider Ketten durch das Gemeinschaftsunternehmen erfolgen. Auch die IT, der E-Commerce, die Verwaltung und die Logistik von Budni sollen dort angesiedelt sein. Edeka will sich mit zunächst 25,1 Prozent an dem Unternehmen beteiligen. Mit der Möglichkeit, auf bis zu 74,9 Prozent der Anteile aufzustocken.

"Ob es allerdings bald in ganz Deutschland neue Drogerien unter dem Namen "Budnikowsky" geben wird, oder ob Edeka sich einen eigenen Namen für die Kette ausdenkt, ist noch nicht abschließend ent-schieden und derzeit Thema umfangreicher Gespräche.

Platzhirsche sehen Kooperation erwartungsgemäß kritisch

Wenig überraschend, dass die marktbeherrschenden Player dm und Rossmann die Kooperation eher kritisch sehen. So berichtete die LZ in der Ausgabe 21 vom 26. Mai: "Von den führenden Drogerie-Rivalen dm und Rossmann wird das Vorhaben indes eher belächelt". Gegenüber dem Wirtschaftsmagazin Bilanz äußerte sich Dirk Rossmann skeptisch über die Erfolgsaussichten der geplanten Drogeriekette von Edeka und Budnikowsky: "Es geht nicht darum, mehr Umsätze durch Gründung neuer Läden zu machen, das kann jeder. 80 Prozent aller neuen Läden arbeiten zwei Jahre mit Verlust", sagt er. "Wenn Edeka nun 1.500 Drogeriemärkte eröffnen will, ist das für mich wirtschaftlich nicht nachvollziehbar", erklärt Roßmann. "Für Budnikowsky wäre es besser gewesen, wenn sie jemanden gefunden hätten, der in die Firma Geld investiert", sagte Roßmann. Nun sei es "gut so, wie es jetzt ist. Jetzt geht Budnikowsky mit Edeka - und da wünsche ich viel Glück." Und Rossmann rüstet sich bereits zur Gegenoffensive: in Deutschland will man in diesem Jahr 110 neue Filialen eröffnen und dann insgesamt auf rund 2.100 Verkaufsstellen kommen. "Ich werde es wahrscheinlich noch erleben, dass wir 2.400 oder 2.500 haben. Die Schritte werden nicht mehr so groß. Wir sind zu 80, 90 Prozent im maximalen Bereich", sagte Roßmann.

Allerdings kommt noch ein weiterer Player ins Spiel, der den Drogeriemärkten ein Stück vom attraktiven Umsatzkuchen abnehmen will. Amazon hat ein Team in Luxemburg aufgebaut, das im Zuge der Expansion des amerikanischen Online-Händlers ein Basissortiment an Eigenmarken einführen will. Wie die LZ berichtet, nehmen die Online-Experten dabei neben Windeln und anderen Tissue-Kategorien auch Babynahrung und - wie nicht anders zu erwarten - Körperpflege-Produkte ins Visier. Da Amazon dabei Investitionen in den teuren Aufbau von Eigenmarken scheut, wird mit stationären Händlern über die Belieferung bereits etablierter Marken verhandelt. Dass Geschäfte mit Amazon nicht ohne Risiko sind, zeigte jüngst die Ankündigung von Lidl, Lieferanten von Amazon Fresh teilweise auszulisten. Somit bedeutet die Kooperation mit Amazon ein nicht zu unterschätzendes Risiko, welches nur durch deutlich steigende Online-Umsätze zu rechtfertigen wäre.

Influencer-Hype verändert das Kaufverhalten junger Zielgruppen

In den vergangenen fünf Jahren hat die Kosmetikbranche besonders bei den Marken für junge Zielgruppen umwälzende Veränderungen durch die sogenannten Influencer erfahren. Helmut Baurecht, Unternehmensgründer von Artdeco bestätigte gegenüber der LZ die neue Macht der amerikanischen Bloggerinnen. So hat die 19-jährige Kylie Jenner einen Lipgloss auf den Markt gebracht, dessen Verkauf um 12 Uhr nachts startete und 15 Minuten später bereits komplett ausverkauft war. "Kylie Jenner verkauft den Lipgloss für 20 US-Dollar. Wir verkaufen ähnliche Produkte bei Misslyn für 6 Euro. Bei uns kaufen ihn maximal 10.000 Mädchen im Jahr und bei ihr geschätzte 100.000 in 15 Minuten. Das ist für mich nur noch schwer nachvollziehbar."Gefahr für den stationären Handel könnte auch durch die Funktion der automatischen Nachbestellung drohen. Edekaner Michael Rees, der in seinen Filialen auch das Thema Kosmetik und Körperpflege erfolgreich bespielt, sieht dunkle Wolken für das Drogeriesortiment im LEH aufziehen: "Es ist erklärungsbedürftig - und die jungen Leute holen sich das schon heute alles aus dem Netz", warnt er gegenüber der LZ. Und fügt als Konsequenz daraus hinzu: "Es wird Zeit sich Gedanken zu machen, wie man die digitale Welt der Generation Youtube in den stationären Handel holt."

Um in genau dieser Disziplin erfolgreicher zu werden, hat die Kosmetikmarke Artdeco reagiert: "Gerade baue ich eine Internetabteilung mit 15 Personen und einem Fotostudio auf", erläutert Firmenchef Helmut Baurecht. "Zudem positionieren wir unsere Marken Misslyn und Beyu jünger und noch innovativer. (...) Um die junge Zielgruppe zu erreichen, setzen wir hier auch sehr stark auf die Zusammenarbeit mit Influencern." Ein Händler vor Ort, so prognostiziert auch Edekaner Michael Rees, werde wohl zukünftig immer auch ein Online-Händler sein.

Diese Entwicklungen haben mittlerweile auch Auswirkungen auf die Hersteller der POS-Materialien. Wenn junge Marken vorrangig und dabei nur kurzfristig digital aktiviert werden können, sprechen nicht wirklich viele Argumente für eine Permanent-Platzierung. Generell gibt es dabei im klassischen POS-Marketing ein Timing-Problem: Ist das Produkt attraktiv präsentiert im Laden erhältlich, ist die Zielgruppe vielleicht schon weitergezogen zum nächsten Hype. Was also tun? Glücklicherweise gibt es ja noch andere lukrative Zielgruppen ab dreißig, die sich mit Premium-Marken und wertiger Produktplatzierung sowie Markenkommunikation rund um die Themen Gesundheit, Pflege und Beauty noch sehr verlässlich auch längerfristig aktivieren lassen. Es bleibt derzeit also in der Tat spannend, wer im Rennen um die Gunst der ganz jungen digital Natives die Nase vorn haben wird. Aber vielleicht kommt ja auch einmal eine echte Innovation aus dem Bereich der Verkaufsförderung um die Ecke, die erfolgreich eine Brücke zwischen On- und Offline schlägt und mit einer "best of Both Worlds"-Lösung von Herstellern, Händlern und Shoppern gleichermaßen geliebt wird. Denn darum scheint sich im Moment alles zu drehen - wie schafft man es bloß, geliebt zu werden? Mark Ralea, Geschäftsführer der Rocket Internet-Tochter Glossybox, die Beauty-Boxen per Online-Abo verkauft, übersetzt diese Maxime heute so: "Meiner Ansicht nach gewinnt langfristig die Marke mit der besten Endkundenbeziehung".

Quellen:

LZ Ausgabe 21, 26.05.2017, S. 38,40;PM Budnikowsky, 17.02.2017: "EDEKA und BUDNI schmieden strategische Allianz"; Handelblatt.de, 19.05.2017: "Kartellamt billigt Zusammenarbeit mit Budnikowsky";tagesspiegel.de, 27.04.2017: "Wirtschaftlich nicht nachvollziehbar"; abendblatt.de, 25.04.2017: "Edeka und Budni planen neue Drogeriemarktkette"

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