Der OTC-Markt in Deutschland zwischen Wachstum und Wandel

Bei den OTC-Anbietern besteht eine gewisse Uneinigkeit darüber, ob man sich einer Strategie verschreiben sollte, die auf klare Dominanz in den jeweiligen Kategorien und Märkten setzt oder ob man beim Wachstum eher kleinere Zukäufe mit Blick auf die regionale Präsenz und das Portfolio bevorzugen sollte. Einig ist man sich allerdings auf Hersteller- und Handelsseite, dass sich das Kundenverhalten im Zuge der Digitalisierung drastisch ändert und dass es nun gilt, entsprechend darauf zu reagieren. Dabei rücken bei der Verkaufsförderung die Konsumenten und deren Wünsche wieder stärker ins Blickfeld der OTC-Anbieter. Von der Verpackung bis zum POS-Marketing gibt es Ansätze, die davon ausgehen, dass man hier von den großen FMCG-Marken noch einiges lernen kann...

Die Strategien der großen OTC-Anbieter weisen heute deutliche Unterschiede auf. So verfolgen Bayer und GlaxoSmithKline nach Informationen des Nachrichtenportals der Pharmabranche "Apotheke Adhoc" ihre Ziele mit großer Übereinstimmung in der Ausrichtung: Globale Marken, die in ihrem Bereich zu den führenden zählen, genießen die volle Aufmerksamkeit.Bayer und GlaxoSmithKline setzen auf Dominanz"Wir wollen uns bei Consumer Health auf globale Marken konzentrieren, die in ihren jeweiligen Kategorien führend sind und differenzierte, auf die jeweiligen lokalen Märkte zugeschnittene Markenstrategien implementieren", erklärte Bayer Konzernchef Werner Baumann vor Investoren. Im Fokus stünden dabei Schlüsselmärkte wie die USA, China, Brasilien und Russland. Außerdem will Bayer Innovationen im Consumer-Bereich beschleunigen. Ziel sei es unter anderem, das Potenzial der Zulassung bislang rezeptpflichtiger Arzneimittel für die Selbstmedikation auszuschöpfen, so Baumann. Außerdem sollen neue digitale Gesundheitsangebote für den Konsumenten entwickelt werden. Ähnlich äußert sich auch GlaxoSmithKline (GSK). "Für uns machen Kategorien keinen Sinn, in denen wir nicht Nummer 1 oder 2 sein können", sagte vor einem Jahr Deutschlandchef Erhard Heck in einem Interview mit Apotheke Adhoc.

Johnson & Johnson und Sanofi geben der Flexibilität den Vorzug

Eine andere Strategie verfolgen dagegen die beiden im globalen Ranking folgenden Hersteller: Oft arbeiteten die Teams vor Ort schneller und effizienter, wenn man ihnen keine Konzernregeln überstülpe, so Vincent Warnery, Senior Vice President Global Consumer Health Care Division bei Sanofi. "Wir sind nicht besessen von globalen Marken." Auch bei Johnson & Johnson (J&J), so bestätigt Birgit Schuhbauer, Global Vice President Strategic Marketing OTC, geht es nicht immer um den ganz großen Wurf: Mitunter seien bei Zukäufen strategische Erwägungen mit Blick auf die regionale Präsenz und das Portfolio ausschlaggebend. Man dürfe auch kleinere Deals nicht unterschätzen, denn oft entstünden aus kleineren Zukäufen auch globale Marken. Schuhbauer nennt in diesem Zusammenhang o.b. und Neutrogena als Beispiele.Immer noch mittelständisch geprägt: der OTC-Markt in DeutschlandDies darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der OTC-Markt in Deutschland nach wie vor mittelständisch geprägt ist: Laut Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) beschäftigen 93 Prozent der Hersteller weniger als 500 Mitarbeiter, 76 Prozent sogar weniger als 100. Auch bei den Neuzulassungen können Familienunternehmen durchaus mit den Großkonzernen mithalten. So findet sich unter den umsatzstärksten OTC-Produkten eine vielfältige Mischung aus Konzern- und Mittelstandsware. Zwischen Procter & Gamble, Bayer und GSK reihen sich deutsche Klassiker ein: Gängige Produkte von Mittelständlern wie Prospan (Engelhard), Magnesium Verla (Verla), Nasic (Klosterfrau), GeloMyrtol (Pohl Boskamp), Tebonin (Schwabe) und Sinupret (Bionorica) können den großen Platzhirschen die Stirn bieten.

Der Markt für OTC- und Gesundheitsprodukte ist nach wie vor attraktiv und wachstumsstark. Aktuelle Untersuchungen des internationalen Marktforschungs- und Beratungsinstituts YouGov zeigen jedoch, dass sich das Kundenverhalten besonders im Zuge der Digitalisierung auch in diesem Bereich drastisch ändert - Hersteller geraten unter Zugzwang. Immer mehr Patienten informieren sich nicht mehr hauptsächlich beim Arzt oder Apotheker, sondern fragen Dr. Google oder Freunde und Verwandte. Entsprechend müssen die Verkaufsförderungsmaßnahmen angepasst werden.

OTC-Produkte sollten verstärkt die Instrumente des FMCG-Marketings nutzen

Neben den traditionellen, an Arzt und Apotheker gerichteten Kommunikationsmaßnahmen, müssen für OTC-Produkte verstärkt die Instrumente des FMCG-Marketings berücksichtigt werden. Viele Pharmaunternehmen und Apotheker bedienen sich bereits neben der klassischen Werbung verkaufsfördernder Maßnahmen (wie z. B. Infopoints, Dekorationen im Regal, Promotionsaktionen, TV im Wartezimmer oder in der Apotheke, HV-Displays, Produktzugaben, Newsletter, usw.). Die Konsumenten- bzw. "Shopper"-Wahrnehmung hinsichtlich der unterschiedlichen Verkaufsförderungsinstrumente - Informationsmaterial vs. Werbung - wird dabei nur selten berücksichtigt.Dies bestätigt auch die Marktforschungsgruppe Stratégir, spezialisiert auf Consumer- und Shopper-Research in den Branchen Konsum- und Luxusgüter sowie OTC. So betont die Geschäftsführerin Line Kerrad: "Die starke Entwicklung des Gesundheitsmarktes und insbesondere der Selbstmedikation in den letzten Jahren führt zu einer immer wichtigeren Rolle der Verpackung. Sie dient sowohl als Botschafterin der Markenwerte und Produkteigenschaften als auch als Instrument zur stärkeren Konsumentenbindung und Differenzierung am POS. Lange Zeit wurden Verpackungen von OTC-Produkten eher funktional gehalten. Mittlerweile soll eine aufmerksamkeitsstarke und emotionale Verpackungsgestaltung für mehr Absatz am POS sorgen. OTC-Produkte können dabei viel von Konsumgütern lernen."Sales Promotion als effektives Mittel, um auf Marktveränderungen zu reagieren Die Ergebnisse der Studie "Erfolgsfaktor Sales Promotion" des internationalen Marktforschungs- und Beratungsinstituts YouGov haben bestätigt, dass Verkaufsförderungsmaßnahmen bzw. Sales Promotion auch heute ein gutes und effektives Mittel sind, um erfolgreich auf die Marktveränderungen zu reagieren. Besonders wichtig dabei: der richtige Maßnahmen-Mix.

Vor allem Content-orientierte Maßnahmen spielen dabei eine wichtige Rolle, um das Informationsbedürfnis der Konsumenten zu befriedigen. So sind neben Proben bzw. Produktzugaben besonders Artikel und Berichte in Zeitschriften oder Zeitungen, Broschüren bzw. Plakate in der Arztpraxis wichtige Impulsgeber für ein OTC-Produkt. "Proben sind zwar der stärkste Impulsgeber, doch als einzelne Maßnahme nicht zielführend", sagt Markus Braun, Head of Business Unit Reports bei YouGov. "Erfolgsentscheidend ist die richtige Kombination von Verkaufsförderungsmaßnahmen - insbesondere online und offline, angereichert mit sinnvollen Inhalten".

Der ganze Artikel als PDF...