Der genossenschaftliche Agrarhandel steht heute für über 35 Milliarden Euro Umsatz und ist damit das Rückgrat der deutschen Landwirtschaft. Insgesamt 29 regionale Organisationen investieren in den nächsten fünf Jahren zwölf Millionen Euro in den Aufbau einer proprietären digitalen Handelsinfrastruktur. Mit dieser, in der über 150-jährigen Geschichte der Raiffeisen-Idee einmaligen deutschlandweiten Kooperation soll langfristig die Zukunftsfähigkeit des deutschen Agrarmittelstandes gesichert werden. Die Plattform soll zum zentralen Werkzeug des Landwirts werden, mit dem der Betrieb intelligenter und effizienter gestaltet werden kann. Sowohl der Bezug von Betriebsmitteln als auch der Absatz der landwirtschaftlichen Erzeugnisse wird digital abgewickelt. Ein wichtiger Schritt, um wiederkehrende Prozesse zu automatisieren, Kosten zu sparen und agiler zu werden.
„Die Digitalisierung des ländlichen Raumes hört nicht bei Glasfaserkabeln auf“, erklärt der Geschäftsführer der Raiffeisen NetWorld GmbH Andreas Bauer (38). „Mit dem Aufbau einer eigenen digitalen Handelsplattform werden die Genossenschaften erstmalig zu IT-nternehmen. Auf diese Weise sichert sich die deutsche Agrarwirtschaft nicht nur wirtschaftliche Vorteile, sondern vor allem auch die Hoheit über ihre Daten. Angesichts der Datenkonzentration durch wenige globale Megakonzerne, die von Saatgut über Dünge- und Pflanzenschutzmitteln
bis zum Handel mit dem Endprodukt die gesamte Wertschöpfungskette kontrollieren wollen, eine dringend benötigte Maßnahme zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft.“ Der Launch der Plattform sei für 2021 geplant, Bauer rechnet bereits nach zwei Betriebsjahren mit einem Umsatz von über 1 Milliarde Euro.
Christoph Hosang (34), zweiter Geschäftsführer der Raiffeisen NetWorld, erklärt:„Obwohl viele Landwirte mittlerweile schon hochgradig digitalisiert arbeiten, wird der größte Teil des Handels von Betriebsmitteln heutzutage noch per Fax oder Telefon getätigt. Die neue Handelsplattform der Genossenschaften wird nicht nur Kostendruck nehmen, sondern auch signifikante Zeitbudgets freisetzen. Beide Faktoren zusammengenommen ermöglichen mit Launch der Plattform eine Stärkung der deutschen Agrarwirtschaft und treiben den notwendigen Wandel voran.“
Die beim Deutschen Raiffeisen Verband organisierten Unternehmen repräsentieren laut Hosang insgesamt rund 82.000 Arbeitsplätze. Die Plattform, deren Markenname noch nicht bekannt gegeben werden soll, wird zukünftig auch für weitere Genossenschaften zugänglich gemacht werden – erst in Deutschland, dann in Europa. Hosang: „Wesentlich hierfür ist die Neutralität der neu gegründeten Einheit und die klare Hoheit eines jeden Marktteilnehmers über die eigenen Daten. Wir werden damit nicht nur zur Infrastruktur des Agrarhandels der Zukunft, sondern sind gleichzeitig der Hüter über die verantwortungsvolle Nutzung der Daten in der Branche.“