Werbeartikel bleiben die dritte Kraft im deutschen Werbemarkt. Mit einem Umsatz von 2,8 Mrd. Euro (2022) liegt die Branche zwar noch deutlich unter dem bisherigen Spitzenjahr 2019 (3,7 Mrd.); doch das zurückliegende Jahr brachte im Vorjahresvergleich eine leichte Erholung. Ein wesentlicher Grund dafür sei, dass inzwischen auch der Markt für Messen und Events wieder anziehe, was sich belebend auswirke. So das Ergebnis des Branchenmonitors, der vom Gesamtverband der Werbeartikel-Wirtschaft anlässlich der TREND-Messe in Köln präsentiert wurde.

Die deutsche Werbeartikelwirtschaft steckt weiterhin in der Talsohle. Nach der Pandemie, die zu massiven Umsatzeinbrüchen führte, erlebt die Branche derzeit eine zweite Welle: „Stark gestiegene Energiepreise für Hersteller, die „made in Germany“ produzieren, die anhaltend hohe Inflation und die steuerliche Benachteiligung deutscher Produzenten im internationalen Vergleich haben den Druck durch wachsende Importe deutlich erhöht und die betriebswirtschaftliche Situation vieler Unternehmen in Deutschland erneut verschlechtert“, so Steven Baumgaertner, der Vorstandsvorsitzende des Gesamtverband der Werbeartikel-Wirtschaft e. V. (GWW) bei der Vorlage des Branchenberichts 2022 in Köln. Für eine Reihe von deutschen Unternehmen sei die anhaltende Durststrecke inzwischen zur Existenzfrage geworden. „Es ist allerhöchste Zeit, dass die Politik dies erkennt. Wir sprechen insgesamt über 60.000 Beschäftigte, die heute in der deutschen Werbeartikelbranche tätig sind“, betont Baumgaertner. 

Umsatz seit 2019 um 25 Prozent gesunken – 2022 leichte Erholung 

Insgesamt wurden in Deutschland im abgelaufenen Geschäftsjahr Werbeartikel im Gesamtwert von 2,8 Mrd. Euro umgesetzt. Das sind 25 Prozent weniger als vor Ausbruch der Pandemie, als der Branchenreport 2019 noch Erlöse von 3,7 Mrd. Euro auswies. Im direkten Vergleich zu 2021 (2,65 Mrd.) verzeichnet der GWW dagegen für 2022 eine leichte Erholung. Grund dafür sei, dass inzwischen wieder verstärkt Messen, Events, Konzerte und sportliche Großveranstaltungen stattfinden, die traditionell zu starken Abnehmern von Werbeartikeln zählen, allen voran  Klassiker wie Kugelschreiber, Shirts, Caps, Taschen und Tassen. 

Werbeartikel als dritte Kraft im deutschen Werbemarkt nach Online- und TV-Werbung

Trotz der Einbrüche während der Pandemie behaupten Werbeartikel damit ihre Position als dritte Kraft im Werbemarkt – nach der Online-Werbung (5,12 Mrd. – 2021) und der TV-Werbung (4,34 Mrd. – 2021). Speziell für klein- und mittelständische Unternehmen sind Werbeartikel die bevorzugten Werbeträger. Mit ihnen erwirtschaftet die Branche über 85 Prozent der Umsätze. 
Warum das so ist, weiß Oliver Spitzer, Geschäftsführer des Marktforschungsunternehmens „september“: „Werbeartikel bieten die Chance, auch ohne Multimillionen-Werbebudgets sehr wirksam Emotionen auszulösen, und sind auch zusätzlich zu bestehenden Kampagnen eine großartige Verstärkung.“  In einer breit angelegten Studie haben die Kölner Markforscher genau diesen emotionalen Mehrwert von Werbeartikeln untersucht.    

Nachhaltigkeit gewinnt weiter an Bedeutung – das Steuerrecht steht dabei oft im Weg 

Dabei wird von Seiten der Kunden zunehmend auf die Nachhaltigkeit von Werbeartikeln geachtet: „Dieser Entwicklung tragen zahlreiche deutsche Hersteller Rechnung und haben in den zurückliegenden Jahren viel in die nachhaltige Fertigung und Betriebsführung investiert“, so Baumgaertner. Beispielhaft dafür sind die Kahla Porzellanmanufaktur in Thüringen oder das Bielefelder Textilunternehmen Halfar. Dessen zertifizierte Nachhaltigkeitsstrategie wurde mehrfach ausgezeichnet, seit 2022 ist das Unternehmen aus Ostwestfalen klimaneutral.  
„Die Anstrengungen und Investitionen, die hier unternommen wurden, um nachhaltig zu produzieren, sind enorm. Es kann nicht sein, dass von der Politik zwar Anreize zur nachhaltigen Wirtschaft gesetzt werden, aber die Vermarktung durch die aktuelle Steuergesetzgebung partiell ausgebremst wird“, sagt Daniel Jeschonowski, Geschäftsführer der Porzellanmanufaktur Kahla. 

Wertgrenze und Aufzeichnungspflicht als Hindernis 

Tatsächlich gilt für Werbeartikel noch immer die Wertgrenze von 35 Euro, bis zu der Werbeartikel pro Jahr und Empfänger als Betriebsausgabe steuerlich geltend gemacht werden können. Diese Wertgrenze ist seit 2004 unverändert. Eine Inflationsanpassung hat es in dieser Zeit nicht gegeben. Im Gegenteil: Bei der Einführung des Euro lag die Grenze sogar bei 40 Euro. 
Hinzu kommt die Aufzeichnungspflicht. Sie sieht – je nach Finanzdirektion – vor, dass für Werbeartikel oberhalb einer Wertgrenze von zehn Euro jeder Empfänger namentlich dokumentiert werden muss. „Ein bürokratisches Monster“ sei das, sagt Baumgaertner, das dafür sorgt, dass einige Unternehmen davor zurückschrecken, qualitativ höherwertige Werbeartikel einzusetzen. Der Branche entgehen dadurch, schätzt der GWW, jährlich einige Hundert Millionen Euro Umsatz. 
Für Professorin Dr. Johanna Hey, eine führende Steuerrechtsexpertin in Deutschland, ist es mehr als nur ein bürokratisches Monster. Aus Sicht der Direktorin des Instituts für Steuerrecht an der Universität zu Köln verstößt die Regelung gegen den allgemeinen Gleichheitssatz im Verhältnis zu anderen Werbeträgern. Sie fordert, dass die Aufwendungen für Werbeartikel wie andere Betriebsausgaben für Werbezwecke – etwa Plakat- und Anzeigenwerbung oder Werbespots -, vollständig zum Abzug zugelassen werden: „Die Annahme, die Verteilung von Werbeartikeln und Werbeträgern sei privat veranlasst, ist lebensfremd und widerspricht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine realitätsgerechte Typisierung. Bei Werbeartikeln steht nicht der Waren-, sondern der Werbewert im Vordergrund.“ 
Auch im internationalen Vergleich bleibt der Abzugsbetrag von 35 Euro hinter den Abzugsmöglichkeiten anderer Staaten zurück und verschlechtert damit die Werbemöglichkeiten und Wettbewerbssituation der deutschen Wirtschaft. Dies gelte insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, die sich keine teuren, voll abzugsfähigen Werbekampagnen leisten können: „Sie konkurrieren mit Unternehmen, die aufgrund der dortigen Gesetzeslage in der Lage sind, höherwertige Werbeartikel einzusetzen.“
Für Steven Baumgaertner steht deshalb eines fest: „In dubio pro billig – das kann auf Dauer nicht die Lösung und das Ziel der Politik sein, schon gar nicht im internationalen Vergleich. Was wir fordern ist einfach – die Anerkennung als vollwertiger Werbeträger ohne Wenn und Aber.“ 

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