Dem Handel über die Schulter geschaut

Die wer denkt was GmbH bietet Unternehmen mit der Crowdsourcing-Lösung AppJobber ein neuartiges Konzept zur Vertriebskontrolle an. Besonders am POS – so sind sich die Anbieter sicher – kann AppJobber seine Stärken ausspielen, denn Unternehmen aus dem Umfeld von Marken, Handel und POS bieten sich dadurch neue Möglichkeiten, kleine, regional gestreute und zeitkritische Aufgaben an eine große Gemeinschaft auszulagern.

Die wer denkt was GmbH startete als Ausgründung der Technischen Universität Darmstadt und entwickelt seit März 2010 web-basierte IT-Lösungen für E-Partizipation und Crowdsourcing. Unterstützt durch die TU und das Land Hessen gelang es den Gründern Dr. Tobias Klug und Dr. Robert Lokaiczyk 2012 auf der CeBIT-Messe, das Navigationsunternehmen TomTom als Pilotkunden für ihre Crowdsourcing-Lösung AppJobber zu gewinnen. Mittlerweile hat AppJobber 250.000 Nutzer, die in Deutschland und neun weiteren Ländern in Europa gegen Bezahlung über ihr Smartphone kleine Aufgaben, zum Beispiel auch direkt am POS, erledigen.

Für Marketing- und Vertriebsspezialisten stellt sich oft die Frage – und das nicht nur bei einer Zweitplatzierung – ist ein Produkt richtig "in Szene" gesetzt? Sind spezifische, lokale Begebenheiten (Positionierung) berücksichtigt worden, ist die Ware vor Ort verfügbar (Bestandskontrolle) und wie reagiert der Endverbraucher auf Innovationen oder Markteinführungen (Akzeptanz)?
Denn die Präsentation der Ware am POS wird auch in Zukunft einen entscheidenden Einfluss auf die eigentliche Kaufentscheidung haben. Dr. Robert Lokaiczyk, Geschäftsführer der wer denkt was GmbH, sieht hier durch die "Mobilisierung der Massen" einen großen Vorteil: "Der Nutzen für die Marke erschließt sich aus den umfassenden Informationen, die man zeitnah direkt vom POS zum eigenen Markenauftritt bekommt. Das wäre in dieser Form über Agenturen oder den Außendienst mit Belegbildern gar nicht zu erreichen. Eine "Crowd" von hunderttausenden Smartphone-Nutzern schlägt jeden Außendienst bei der Ausführung von dokumentierenden Aufgaben am POS in puncto Schnelligkeit und Kosten." So prüfte Motorola bereits die Einführung eines Smartphones und auch Pressevertriebler, wie die DPV Worlwide GmbH, lassen die Verfügbarkeit und die Platzierung verschiedener Zeitschriften und Displays via App-Jobber mittels Crowdsourcing kontrollieren.

Während die Marke durch den  Einsatz von Crowdsourcing direkt profitiert, beispielsweise durch umfassende Informationen, die man zeitnah direkt vom POS zum eigenen Markenauftritt bekommt, so erschließt sich der Vorteil für den Handel nicht unmittelbar. Für den Handel sind gerade Anwendungsfälle im Bereich Preis- und Wettbewerbsbeobachtung besonders interessant. Regelmäßige Preisüberprüfungen und Sortimentsbeobachtungen des Wettbewerbs sind zwar heute schon Usus, doch auch hier eröffnet Crowdsourcing weitaus effizientere Möglichkeiten. Beispielsweise können über AppJobber tagesaktuell Produktpreise aus jeder Filiale des Wettbewerbers in Deutschland erfasst und so die Preise unmittelbar angepasst werden.

Crowdsourcing als sehr realitätsnahes Kontrollinstrument

"Insbesondere Discounter geben uns die Rückmeldung, wie wertvoll die Sortimentskontrolle der Wettbewerber für sie ist. Sortimentsentscheidungen können über Crowdsourcing auf Basis eines umfangreichen und repräsentativen Regal-Lagebildes der Wettbewerber getroffen werden. Aber auch Informationen aus dem eigenen Markt sind für den Handel spannend: Mystery Shopping mit Blick auf die wahrgenommene Servicequalität und Einflüsse auf die Kaufentscheidungen gibt unseren Kunden im Handel ein direktes Feedback, wie es durch Befragungen oder andere Instrumente nie möglich war. Was vermisst der Konsument? Fühlt er sich gut beraten? Crowdsourcing ist ein sehr skalierbares und realitätsnahes Kontrollinstrument für solche Fragestellungen."

Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung rückt das Thema Crowdsourcing auch am POS zunehmend in den Fokus. Der hohe Verbreitungsgrad und die vielseitige Nutzung von Smartphones bieten hier weitere zusätzliche Potenziale, aber auch Risiken. Im "Showrooming" liegt eine immanente Gefahr: Die Märkte vor Ort verkommen zu kostenintensiven Beratungshäusern, in denen der Kunde Warenmuster anfassen und testen kann –  gekauft wird aber (preisgünstiger) online, nicht selten direkt mit dem Handy noch im Markt. Dies gilt sicher für bestimmte Produktsegmente mehr, für andere weniger.

Als weiteres Risiko nennt Lokaiczyk die Shareconomy oder auch Rental Economy, wo Konsumenten untereinander Waren tauschen, teilen oder vermieten. Dies erstreckt sich nicht mehr nur auf hochpreisige Güter wie Autos und Wohnraum, sondern auch auf andere Preissegmente, wie beispielsweise Bohrmaschinen oder Kinderspielzeug. Nicht jede Nische ist derzeit besetzt, doch die Gefahr eines "verpassten" Verkaufs bleibt, wenn Konsumenten die Güter in ihrer Nähe mit wenig Aufwand leihen können. Gerade für den Handel sind Anwendungsfälle im Bereich Preis- und Wettbewerbsbeobachtung besonders interessant. Was kann der Handel also tun?
"Der Boykott der digitalen Revolution beispielsweise durch ein Smartphone-Verbot im Geschäft ist kaum umsetzbar und dazu noch kontraproduktiv. Stationäre Händler sind angehalten, innovative Ansätze auszuprobieren, die Offline und Online verknüpfen, um Teil der Wertschöpfungskette zu bleiben. Denn die Chancen sind vorhanden – doch nur, wer sich der geänderten Realität anpasst, kann Schritt halten", betont Dr. Robert Lokaiczyk.

Es gilt, nachhaltige Lösungen zu schaffen, die Händlertreue belohnen oder den stationären Händler zumindest am Folgegeschäft partizipieren lassen. Es gibt bereits erste spannende Ansätze über Customer Loyalty Apps und eCouponing hinaus. Die Digitalisierung des Kunden kann im Geschäft auch neue ungeahnte Möglichkeiten bieten:  Verlässt der Kunde ein Geschäft ohne Kauf, so sind produktbezogene Push-Mitteilungen beim Verlassen möglich, die einen Rabatt auf das gerade betrachtete Produkt anbieten. Auch könnten Retargeting-Ads zum Produkt auf dem heimischen Desktop-PC den Service-Vorteil der Bestellung beim Filialisten betonen. "Das Smartphone des Kunden ist ein universeller Sensor, mit dem das Verhalten vor, während und nach dem Kauf erhoben werden kann. W-Lan, Bluetooth und Beacon-Technologie machen jede Bewegung und Handlung des Kunden messbar und damit auswertbar. Was zuvor ein vages Bauchgefühl war, kann nun unmittelbar nachgewiesen werden." Variablen wie Besucherzahlen, -dauer, -frequenz, Kurzbesucherquote, Multi-Filial-Kunden, Laufwege und Passantenanzahl sowie Schaufensterkonversionen lassen sich durch sogenannte Indoor Analytics erfassen. So können Marktmaßnahmen objektiv bewertet werden.

"In Zukunft", so die Prognose von Dr. Tobias Klug und Dr. Robert Lokaiczyk, "wird es durch die erhöhte Präzision solcher Systeme auch möglich sein, konkrete Produktkonversionen zu messen. Neben den Risiken bieten sich hier also auch riesige Chancen und Potenziale, die genutzt werden wollen – doch wer sich heute diesen Möglichkeiten verschließt, darf sich später nicht über den selbst verschuldeten Wettbewerbsnachteil wundern."

 

"Eine 'Crowd' von hunderttausenden Smartphone-Nutzern schlägt jeden Außendienst bei der Ausführung von dokumentierenden Aufgaben am POS in puncto Schnelligkeit und Kosten."

Dr. Robert Lokaiczyk, Geschäftsführer und Leiter Sales und Communications, wer denkt was GmbH