Die vergangenen drei Jahre waren für die Einzelhandelsbranche sehr aufreibend: von einer nie da gewesenen weltweiten Schließung über eine uneinheitliche und verwirrende Wiedereröffnung bis hin zur heutigen „neuen Normalität“, die von Inflation, Lieferketten- und allgemeiner Unsicherheit geprägt ist.

Laut der 15. jährlichen globalen Shopper-Studie von Zebra kaufen fast drei von vier Verbrauchern wieder in Geschäften statt online ein, wie vor der Pandemie. Aber sie haben höhere Erwartungen mitgebracht. Es hat sich gezeigt, dass Effizienz, Flexibilität und Widerstandsfähigkeit der Schlüssel zum Überleben in diesem Jahr und langfristig sind. Vor diesem Hintergrund finden Sie nachfolgend die wichtigsten Trends und Prognosen für das Jahr 2023.

1. Die Inventarisierung optimieren

Warenverfügbarkeit ist für Kunden von entscheidender Bedeutung. Doch es gibt neue Herausforderungen bei der Angebots- und Preisgestaltung. Höhere Zinssätze treiben die Lagerhaltungskosten in die Höhe, Kunden können mit ihren Smartphones blitzschnell Vergleiche anstellen, und die Inflation macht es schwierig, das künftige Verbraucherverhalten vorherzusagen. Zu allem Überfluss haben Verluste und Diebstähle im Einzelhandel ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht, und es gibt ein wachsendes Bewusstsein für Nachhaltigkeit und die Erwartung, dass Einzelhändler einen Beitrag zum globalen Bemühen um Nachhaltigkeit leisten. Neben der offensichtlichen Notwendigkeit, die richtigen Bestellungen aufzugeben – das richtige Sortiment, die richtigen Größen usw. –, müssen Einzelhändler im Jahr 2023 einen umfassenden Überblick über ihre Bestände haben. Ziel ist es, von manuellen auf technikgestützte Prozesse und schließlich zu geführten, automatisierten Systemen aufzurüsten. Folgende Techniken gewinnen hier besonders an Bedeutung:
- RFID
Die RFID-Technologie im Einzelhandel gibt es schon seit Jahren, aber die Entwicklungen bei der Größe, den Kosten und der Bedruckbarkeit von RFID-Etiketten führen zu neuen, hochwertigen Anwendungsfällen, die sich bald durchsetzen werden. RFID kann sowohl den Zeitaufwand für die Bestandserfassung verringern als auch das Wissen des Einzelhändlers, wo sich die Produkte befinden, erheblich verbessern. RFID ermöglicht außerdem ein besseres Verständnis in Bezug auf Warenschwund.
- Digitale Zwillinge (insbesondere „smarte“ Regale)
Intelligente Regale sind eine weitere Möglichkeit für Einzelhändler, genau zu verfolgen, was sich in ihren Geschäften befindet. IoT-fähige Regale sind mit Advanced Computer Vision (ACV), Gewichtssensoren oder elektronischen Regaletiketten verbunden. Diese physischen Sensoren werden mit Technologien des maschinellen Lernens zur Produkterkennung, dynamischen Preisgestaltung und Kundenerfassung kombiniert.
- Datenmuster und Maßnahmen auf der Grundlage von künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen (ML)
Einzelhändler sollten die Erkenntnisse aus ihren POS- und Bestandsverwaltungssystemen über Betriebsabläufe und Warenschwund durch intelligentere Analysen nutzen und in Maßnahmen umsetzen. 

2. Ein nahtloses Einkaufserlebnis über alle Kanäle hinweg

Die Verbraucher erwarten heute nahtlose Erlebnisse über digitale und physische Kanäle. Für das Jahr 2023 wird erwartet, dass Einzelhändler diese profitabler umsetzen. Es gibt mehrere wichtige Grundelemente, um die Rentabilität eines phygitalen (i.e. physischen und digitalen) Einzelhändlers zu steigern:
- Modernisierung des Ladengeschäfts
Bestandsansichten in Echtzeit zur Optimierung und Sicherstellung der Auftragsabwicklung
- Erweiterter Blick auf das Vertriebsnetz
Ein tieferes Verständnis für Geschäfte, Lager und Vertriebszentren, in denen sich E-Commerce-Vertrieb und Filialabwicklung überschneiden und ergänzen
- Optimierung der Rücknahmelogistik
Mehr Effizienz und bessere Geschäftsergebnisse bei unvermeidlichen Rückflüssen. Maßnahmen für ein nahtloses Shopping-Erlebnis:
- Einheitliche Handelsplattformen (Unified Commerce Platforms, UCPs) und digitale Auftragsmanager (Digital Order Managers, DOMs)
Ein umfassendes System mit Verbindungspunkten zur Anzeige von Produkten (unabhängig davon, wo sie sich im Logistiksystem oder im Geschäft befinden), POS-Daten im Geschäft, E-Commerce-Bestellungen und -Trends sowie Distributionsoptionen (einschließlich Logistikunternehmen, Abholoptionen im Geschäft und alternativen physischen Standorten wie Schließfächer oder Kiosks).
- Ladenbasierte Mikro-Fulfillment-Center (Micro Fulfillment Center, MFC)
Einer dieser Verbindungspunkte, der sich bereits durchgesetzt hat, ist die Wahrnehmung der Filiale als nur ein Knotenpunkt im Liefernetzwerk. Mehr als acht von zehn Entscheidungsträgern im Einzelhandel geben an, dass ihre Filialen bereits jetzt oder in Kürze in der Lage sein werden, an Lagerhäuser und/oder direkt an die Verbraucher zu liefern.
- Neugestaltung des physischen Geschäfts
Nicht alle Veränderungen sind technologischer Natur – die diesjährige globale Shopper-Studie von Zebra hat gezeigt, dass die Zahl der Geschäfte, die ihr Layout ändern, um dem neuen Kundenverhalten gerecht zu werden, stark zunimmt. 
Weitere physische Veränderungen sind zu erwarten, wie z. B. spezielle Flächen für die Abholung von Waren im Laden, mehr Selbstbedienungskassen, zusätzliche Dienstleistungen und mehr Rückgabebereiche.
- Omnichannel-Risikomanagement:
Ein letzter Bereich, in dem Einzelhändler im Jahr 2023 einen großen Return on Investment (ROI) sehen können, ist ein besseres Omnichannel-Risikomanagement (ORM). ORM betrachtet Verkäufe, Retouren, Diebstähle und Verluste ganzheitlich und befasst sich eingehend mit Daten und operativen Auswirkungen. Der Bedarf an einfachen Rücksendungen ist eine weitere Folge der On-Demand-Wirtschaft. Einige Einzelhändler raten den Verbrauchern, die zurückgesendeten Artikel „einfach zu behalten“, da die Bearbeitung der Rücksendung bzw. des Umtauschs teurer wäre. Aber das ist nicht nachhaltig. Deshalb werden Einzelhändler im Jahr 2023 voraussichtlich Rückgaben in Geschäften fördern – auch wenn sie selbst keine eigenen Ladengeschäfte haben, sondern sich Partner dafür suchen. 

3. Stärkere Außendienstmitarbeiter – weniger, dafür technikaffinere Mitarbeiter

Für viele Einzelhändler sind die Außendienstmitarbeiter der größte Kostenfaktor. Hinzu kommt, dass viele Stellen für Mitarbeiter mit hohem Aufwand und geringer Entlohnung verbunden sind, so dass eine Vielzahl von ihnen unbesetzt bleibt. Die Lösung? Eine auf den Menschen ausgerichtete Automatisierung, was im Grunde bedeutet, dass mehr Bots und Software die sich wiederholenden und mühsamen Teile einer Arbeit übernehmen, wodurch Mitarbeiter für höherwertige Aufgaben wie die Kundenbetreuung frei werden. Diese Maßnahmen helfen Mitarbeitern:
- Die richtigen Geräte für die richtigen Mitarbeiter
Die jüngste globale Shopper-Studie von Zebra lieferte auch wichtige Erkenntnisse über die Einstellung der Beschäftigten im Einzelhandel. Fast acht von zehn gaben an, dass die Ausstattung der Mitarbeiter mit der neuesten Technologie ihnen hilft, die Kunden besser zu bedienen, und dass sie sich von ihrem Arbeitgeber wertgeschätzt fühlen.
Die Zahl der Geräte, auf die Einzelhandelsmitarbeiter bei ihrer Arbeit zugreifen können, steigt stark an. Zu den am häufigsten nachgefragten technischen Geräten gehören tragbare Barcode-Scanner, tragbare mobile Computer, mobile POS-Geräte, vom Unternehmen bereitgestellte Smartphones und Headsets oder Push-to-Talk-Kommunikationsgeräte.
- Analyse der Arbeitskräfte (Workforce Analytics) und intelligente Aufgabenverteilung
Im Jahr 2023 werden diese Systeme noch intelligenter und stärker in die Abläufe des Einzelhandels eingebunden sein. Moderne Systeme nutzen KI/ML, um komplexe Arbeitsabläufe im Geschäft zu vereinfachen und eine Echtzeit-Priorisierung der unzähligen Aufgaben zeigen, die ein Mitarbeiter im Einzelhandel jederzeit erledigen könnte. Richtig eingesetzt, können diese Tools den Gesamtbedarf an Außendienstmitarbeitern senken und gleichzeitig deren Arbeit verbessern.
- Intelligente Roboter (Smart Robots)
Intelligente Roboter sind elektromechanische Systeme, die einige besonders repetitive Aufgaben übernehmen können, die sonst von Mitarbeitern ausgeführt werden müssen. Die Vorteile für Unternehmen sind zahlreich: potenziell größere Zuverlässigkeit bei geringeren Kosten, erhöhte Sicherheit und höhere Produktivität. Gleichzeitig können sie weitaus mehr Daten erfassen, was weitere Einsatzmöglichkeiten für Roboter eröffnen könnte. 
Es wird noch einige Jahre dauern, bis intelligente Roboter alltäglich werden, aber 2023 ist das Jahr, in dem die ersten Anwender damit experimentieren werden. 

4. Verbesserte Einkaufserlebnisse im Geschäft

Ein weiterer wichtiger Trend ist, dass immer mehr Verbraucher bereit sind, neue Technologien wie Self-Checkout-Optionen in den Geschäften auszuprobieren. Darüber hinaus signalisieren die Verbraucher mit überwältigender Mehrheit den Wunsch nach einem schnellen und effizienten Einkaufserlebnis: Sieben von zehn Befragten geben an, dass sie ein Geschäft am liebsten schnell betreten und verlassen würden. Zu den wichtigsten strategischen Elementen gehören dabei die Verbesserung des Checkout-Erlebnisses und die Verbesserung des Service in den Geschäften – das kann so simpel sein wie das Angebot, einen Artikel, der nicht mehr vorrätig ist, nach Hause zu liefern. 
Maßnahmen für ein verbessertes Einkaufserlebnis vor Ort:
- Smart Checkout
Intelligente Kassen bieten mittlerweile verschiedene Technologien zur Erkennung aller ausgewählten Produkte, zur Zusammenrechnung des Warenkorbs, zur Anwendung von Treue- oder Werbevorteilen sowie zur Identifizierung des Verbrauchers und zur Durchführung der Zahlung. 
Auch wenn dies im Jahr 2023 noch nicht zum Mainstream gehören wird, gibt es Schritte, die Einzelhändler bereits in diesem Jahr unternehmen können, um von den Vorteilen zu profitieren. Die beiden am stärksten nachgefragten Technologien sind kontaktloses Bezahlen und Self-Checkout. Neun von zehn Verbrauchern bewerteten beide laut der jüngsten Shopper-Studie als äußerst wünschenswert.
- Lieferung nach Hause
Ein weiterer, weniger komplexer aber wichtiger Bereich, der 2023 angegangen werden sollte, ist ein zuverlässiger Versand nach Hause. In der kürzlich durchgeführten Shopper-Studie bewerteten mehr als 80 Prozent der Entscheidungsträger im Einzelhandel ihre Möglichkeiten, mit nicht vorrätigen Waren umzugehen, als zufriedenstellend, aber weniger als 60 Prozent der Verbraucher waren dieser Meinung. 
Die größte Kluft? Die erste Wahl der Verbraucher, wenn das gewünschte Produkt einmal nicht verfügbar ist, war die Möglichkeit, es sich später nach Hause liefern zu lassen, aber viel zu oft wurde dies nicht angeboten.

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